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Depardieu

© ddp

Leben und Liebe: "Ich bin ein Vagabund"

Gérard Depardieu bei der Spaßkonferenz zum Wettbewerbsfilm "Mammuth".

„Habe ich ein Kleid getragen?“ Das war Gérard Depardieu bei den Dreharbeiten zu „Mammuth“ gar nicht so klar gewesen, und es war ja auch keins, die Frage am frühen Freitagabend bei der Pressekonferenz, klärte sich rasch auf. „Es war ein Boubou, eine afrikanische Männerkleidung. Mein eigener, den ich zu Hause oft trage.“ Ein sehr bequemes Teil – „weil man untenrum mehr Freiheit hat“.

Es war schon ein ungewöhnlicher Termin im Hyatt, aber genau richtig für ein ungewöhnliches Kinowerk. Wann hat man das schon, dass die Filmleute vor den Fotografen Ringelreihen tanzen, dass sie eine Fotografin, die unentwegte Erika Rabau, in ihre Mitte nehmen und hochheben, dass eine Akteurin, die junge Miss Ming, übermütig den Mittelfinger in die Höhe reckt und auch sonst viel herumgealbert und sogar die Marseillaise gesungen wird. Und dass die doch sinnvolle Regelung beim Pressegespräch – eine Frage, eine Antwort, dann vielleicht eine zweite – von Depardieu temperamentvoll durchbrochen wird, der schon lossprudelte, als Benoît Delépine und Gustave Kervern, die beiden Regisseure, mit ihren Erläuterungen noch gar nicht fertig waren.

Ein sehr persönlicher Film für Depardieu, und nicht nur wegen des Boubou aus seinem Kleiderschrank. In Mammuth habe er seinen Vater wiedergefunden, verriet der Schauspieler: „Mein Vater hat ganz genauso gelebt.“ Und zugleich habe er selbst sich in dieser Figur gespiegelt gesehen. „Ich bin vielleicht eher ein Vagabund, ein Beobachter des Lebens“. Auch er sei kein Macher, keiner, der auf Karriere aus ist. Nur habe er eben mehr Glück gehabt als sein Vater, konnte so sehr viel Geld verdienen, obwohl: Es gebe in seiner Branche viele Arschlöcher.

Aber es gibt eben auch solche wie die beiden Regisseure, mit denen er sich sofort verstand. Vor einem Jahr besuchten sie Depardieu in seinem Restaurant „La Fontaine Gallion" in Paris. Da existierte vom Drehbuch noch keine Zeile. Innerhalb einer Stunde aber hätten sich alle entschlossen, den Film zu machen, erzählte Delepine. „Zwei Monate später war das Drehbuch fertig.“

Entstanden ist für Depardieu „ein wirklicher Kunstfilm“ , was es heute anders als früher nur noch sehr selten gebe. Und besonders habe ihn gefreut, „dass ich dabei nichts beweisen musste“. Mammuth war für ihn „eine Rolle, in der es nicht zu tun gibt außer zu sein“. Es ging nur darum, „Leben und Würde über die Liebe auszustrahlen – das ist für mich Kunst“. Aber es ist für den Schauspieler und seine Regisseure auch ein Film über das moderne Frankreich. Keiner voller Gewalt, jedenfalls nicht der physischen. Die Gewalt liegt für Depardieu in der Arbeit der Menschen: „Sie raubt ihnen einen Teil ihrer Kommunikation, so dass sie nicht mehr miteinander kommunizieren können.“

Neben den Regisseuren, Depardieu und Miss Ming saßen auch die Schauspielerin Yolande Moreau und Produzent Jean-Pierre Guerin auf dem Podium – und Isabelle Adjani, unsichtbar. „Wie im Film ist sie auch hier ein Geist, unser Talisman“, beschwor Delépine die abwesenden Schauspielerin. Und Kollege Kervern verlas zuletzt sogar noch einen angeblichen Brief Roman Polanskis aus seinem Schweizer Hausarrest. Er schaue sich die Olympischen spiele an und habe sich „Mammuth“ als DVD besorgt.: „Ich hoffe auf einen Goldenen Bären für euch.“ Allerdings trug der Zettel das Zeichen des Ritz-Carlton in Berlin, datiert auf den gestrigen Freitag. Andreas Conrad

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