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LESUNGRocko Schamoni: Fürst der Überflüssigen

Die Bürde, ein Hamburger Held zu sein, muss eine große sein. Gerade erst hat ein Hamburg-Werbemagazin in seinem „Lexikon-Heft“ unter anderem eine Liste mit Helden zusammengestellt.

Die Bürde, ein Hamburger Held zu sein, muss eine große sein. Gerade erst hat ein Hamburg-Werbemagazin in seinem „Lexikon-Heft“ unter anderem eine Liste mit Helden zusammengestellt. Und da findet sich der Musiker, Entertainer, Kneipier und Schriftsteller Rocko Schamoni ganz selbstverständlich zwischen Hans Albers, Freddy Quinn und Uwe Seeler. Ob Schamoni sich das vor 20, 22 Jahren, als er aus dem schleswig-holsteinischen Lütjenburg nach Hamburg kam, so vorgestellt hat? Ein Held zu werden? Ein Hamburger Original gar? King Rocko?

Liest man Schamonis jüngsten Roman „Sternstunden der Bedeutungslosigkeit“, lautet die Antwort glasklar: Nein. Der junge Mann, der in den Achtzigern durch diesen Roman und Hamburg stromert, Michael Sonntag, ist gerade mal ein Held der Subkultur, und zwar der der kaputteren Art. Das Subito heißt hier „Nasenbär“, die Berliner Hardrock- und Metal-Absturzkneipe Saxton hat ihren Namen behalten, und Sonntag ist der „Fürst der Überflüssigen“, der von einer Lebenskrise in die nächste stolpert, aber auch von einer Frau zur nächsten. Literarisch hat das was sympathisch ungeschlachtes: ein bisschen Küchenexistenzphilosophie, ein bisschen Kaugummi- und Zweckprosa, ein bisschen Tommy Jaud. Aber egal: Auch am Rande des Lebens, mitten im Nichts, werden Helden geboren, die das dann aber gar nicht gut finden. Schamoni sang jedenfalls zuletzt „Leben heißt sterben lernen“ und kündigte an, nie wieder ein Album aufzunehmen. Was in einer Hinsicht Sinn ergibt: Als Nur-Schriftsteller, der erfahrungsgesättigt aus Gossen und anderen Szenen berichtet, taugt Schamoni wirklich nicht mehr dazu, ein echter Hamburger Held zu sein.Gerrit Bartels

Maria am Ostbahnhof, Do 6.12., 20 Uhr, AK: 12 €

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