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Kultur: Lilian-Harvey-Ausstellung: Die von der Tanzstelle

Mit einem Säbel kann man sowohl hauen wie stechen. Ein traditionsreiches Instrument, für zarte Frauenhände freilich nicht gedacht.

Mit einem Säbel kann man sowohl hauen wie stechen. Ein traditionsreiches Instrument, für zarte Frauenhände freilich nicht gedacht. Aber wer mochte schon an Mord und Totschlag denken, als Lilian Harvey das Säbelchen 1938 für "Capriccio" über dem Kopf schwang. Das süßeste Mädel der Ufa also, mal glamouröser Star, mal Kumpel von nebenan, die ideale Projektionsfläche für Männer- wie Frauenträume. Jetzt ist der Originalsäbel im Schauraum der Dresdner Bank am Pariser Platz zu besichtigen, im Rahmen der von der Berliner Akademie der Künste ausgerichteten Harvey-Ausstellung. Ein passendes Schaustück: Um die Harvey wird derzeit mit schweren Waffen gefochten.

Die Ausstellung ist sehenswert, mit vielen Fotos, Briefen, Plakaten, einem Paar Ballettschuhe und eben dem Säbel. Es ist freilich nicht jene Ausstellung, die die Akademie ursprünglich zeigen wollte. Auch eine begleitende Veröffentlichung, die weitgehend fertig war, musste wegen kurzfristig notwendiger Variation des Konzepts entfallen.

Wie berichtet, hatte die Akademie von dem Berliner Schauspieler Uwe Köckner-Draga einen Posten Harvey-Materialien per Schenkung erhalten. Dieser sollte im Rahmen der Ausstellung gezeigt werden. Klöckner-Draga, Autor einer Harvey-Biografie, trat dabei als Großneffe der 1968 gestorbenen Schauspielerin auf. Nach einem Bericht in der "Süddeutschen Zeitung" waren allerdings Zweifel an den verwandschaftlichen Beziehungen des Biografen zur Harvey aufgetreten. Auch sind die Besitzrechte an den verschenkten Materialien strittig: Else Pitty-Wirth, Erbin der Harvey, beschuldigt Klöckner-Draga, ihr schon vor Jahren Materialien aus ihrem Harvey-Nachlass entwendet zu haben.

Dies führte bei der Akademie erst zu erheblicher Irritation, dann korrigierte man den Inhalt der geplanten Ausstellung - und nun ist die gesamte Schenkung hinfällig. Wie Wolfgang Trautwein, Direktor des Akademie-Archivs, anlässlich der Austellungseröffnung mitteilte, habe Klöckners Anwalt den Schenkungsvertrag "wegen des Verhaltens der Akademie" einseitig für ungültig erklärt. Die Materialien waren ohnehin noch nicht in Akademiebesitz. Dort hatte man bislang weitgehend nur Kopien gesehen.

Die Akademie könne es nicht als ihre Aufgabe ansehen, den im Hintergrund stehenden vielschichtigen Konflikt zwischen Frau Pitty-Wirth und Herrn Klöckner-Draga zu kommentieren, sagte Trautwein. "Auch ist sie keine Rechtsinstanz, die strittige Fragen juristisch definitiv klären könnte." Der aktuelle Kenntnisstand der Akademie schließe die Übernahme des Harvey-Archivs aber aus.

Wie Trautwein sate, ist die uneheliche Herkunft Lilian Harveys erstmals 1974 in einer Biografie thematisiert worden. Der Vater sei aber unbekannt gewesen. Erst Klöckner-Draga habe den Großvater 1999 in einer Randbemerkung seiner Harvey-Biografie als Vater der Schauspielerin genannt. Trautwein verwies auf eine Stellungnahme des Bundesarchivs, wo der einzige amtliche Hinweis auf die außereheliche Vaterschaft des Urgroßvaters in den Akten der Reichskulturkammer gelegen hatte. In einer Sicherheitsverfilmung von 1992 fehlt das Dokument noch, es wurde dadurch als Fälschung identifiziert und entfernt. "Es ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass Herr Uwe Klöckner-Draga das beiliegende Schriftstück in die Reichskulturkammer-Akte Lilian Harveys eingefügt hat", zitierte Trautwein das Bundesarchiv. Dagegen habe Klöckner-Draga der Akademie mehrere Kopien eidesstattlicher Erklärungen seiner Großmutter und seiner Mutter als Fax zukommen lassen. "Lilian Harvey habe ich im März 1925 durch meinen Schwiegervater Heinrich Klöckner (dessen uneheliche Tochter sie war) kennengelernt", schrieb etwa Klöckners Großmutter. Andere Erklärungen beziehen sich laut Trautwein auf das strittige Archiv. Eine Stellungnahme des Schauspielers zur Aussage des Bundesarchivs sowie eine Erklärung, warum das Familienarchiv und die in den Erklärungen bezeugten Kontakte der Harvey zur Familie Klöckner-Draga in dessen Buch nicht erwähnt wurden, stehen noch aus, sagte Trautwein.

Der Schaupsieler hatte die Vorwürfe in einem Brief an den Tagesspiegel als eine "hinterhältige Intrige der Else Wirth" bezeichnet. Auch sein Anwalt C. Klages sieht die Harvey-Erbin nur als "bösartige alte Frau". Er wies Zweifel daran strikt zurück, das Material sei nicht rechtmäßig in Klöckner-Dragas Besitz gelangt. Schon 1989 habe es nach einer Anzeige gegen diesen und anschließenden Ermittlungen einen Einstellungsbeschluss der Staatsanwaltschaft gegeben. Auch die Zweifel an der Verwandschaft seines Mandanten mit der Harvey wies der Anwalt zurück - es gebe dazu Hunderte von Dokumenten. "Die ganze Familie müßte ja sonst über Jahre hinweg gelogen haben", sagte der Anwalt.

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