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Die 34-jährige US-amerikanische Musikerin Lizzo bei ihrem Auftritt in der Großarena am Ostbahnhof.

© Redferns/Frank Hoensch

Lizzo live in Berlin: Botschafterin der Selbstliebe

Auf der letzten Deutschland-Station ihrer „Special“-Tournee unterhielt die US-Musikerin Lizzo die Menge mit einem gut gelaunten Pop-Spektakel. Inklusive Rammstein-Cover.

Ihre Mission beginnt bereits in den Toilettenräumen: Auf allen Waschbecken-Spiegeln streckt eine kleine Papp-Lizzo im Glitzerkleid ihre Hand aus und sagt in Großbuchstaben: „In case nobody told you today: You’re special!“ Falls es dir heute noch niemand gesagt hat: Du bist etwas Besonders!

Das sind die Refrain-Zeilen ihres Songs „Special“ und die zentrale Botschaft ihrer gleichnamigen Tournee, die sie an diesem Abend in Mercedes-Benz-Arena nach Berlin führt. Zwar ist der Oberrang zum Teil abgehängt, doch im Innenraum und auf den restlichen Tribünen drängen sich die Fans – und stehen auch auf den Rängen schon ab dem ersten Song dieser mitreißenden zweistündigen Show.

Denn Lizzo ist einfach eine Wucht. Man muss automatisch lächeln, wenn man ihr dabei zusieht wie sie im hellgelben Glitzerbody über die Bühne hüpft, wie sie lacht und singt. Gleich zu Beginn nimmt sie ein ausgedehntes Applausbad, womit die Botschafterin der Selbstliebe ihr Anliegen anschaulich in die Tat umsetzt. Einfach mal genießen, die Wärme aus dem Saal aufnehmen und dann gleich wieder zurückgeben: Das Dancepopstück „2 Be Loved (I’m Ready)“ mit seinem fetten Achtziger-Sound geht sofort in die Tanzbeine, genau wie das darauf folgende „Soulmate“, in dem die 34-Jährige mit viel Verve singt: „I’m my own soulmate (Yeah, yeah)/I know how to love me (Love me)“.

Einen Grammy schnappte die Beyoncé weg

Die Wertschätzung für sich selbst ist derzeit ja ein Modethema bei Pop-Sängerinnen, die sich selbst Blumen kaufen oder sogar Hochzeitspartys für sich selbst geben. Doch bei Cyrus, Gomez & Co. scheint das eher einer Laune zu entspringen als sonderlich tief zu gehen. Für Lizzo, die sich als „big black girl“ bezeichnet und in ihrer Jugend aufgrund ihres Aussehens viel Ablehnung erfahren hat, ist es hingegen ein langer Selbstermächtigungsprozess gewesen, dessen Ergebnis sie nun stolz feiert.

Auf ihre Party hat sie zehn weitere big black girls eingeladen die ihre dynamische Tanz-Compagnie bilden. Auch die druckvoll aufspielende vierköpfige Band, der DJ und der dreiköpfige Background-Chor sind schwarz und weiblich gelesen, was nebenbei ebenfalls eine tolle Empowerment-Message sendet.

Vor allem aber beweist der Abend, was für eine Hitmaschine Lizzo ist. Vier Grammys hat sie mit ihren letzten beiden Alben eingesammelt, einen davon („Record of the Year“) schnappte sie Anfang Februar sogar ihrem Idol Beyoncé weg. Diese Stücke stehen im Vordergrund, aber auch das ältere „Good As Hell“ ist mit seiner packenden Laut-Leise-Dramaturgie ein Konzerthighlight. Souverän spielt Lizzo ihr Powerballaden-Talent aus, wobei sie sich über ihren größten Schmachtfetzen „Cuz I Love You“, in den sie Vokalakrobatik-Gimmicks einbaut, fast ein wenig lustig macht.

Humor zeigt Lizzo auch, als sie ihre frisch erworbenen Deutschkenntnisse ausprobiert („Schnitzel“, „Auf Wiedersehen Schlampe“, „Nein!“) und einen Teil des Rammstein-Songs „Du hast“ aufführt – inklusive kurzer Twerk-Einlage. Vielleicht könnte sie sich beim nächsten Berlin-Besuch mit Peaches zusammen tun, deren „Du hast“-Cover vor einigen Jahren auch schon sehr abgefahren war.

Die Stimmung bleibt während der gesamten Show ausgelassen-fröhlich. Lizzos Mischung aus Pop, R’n’B und einer Prise Funk, in die sie als Special Effekt immer wieder kurze Querflöten-Soli einstreut, ist perfekt austariert zwischen Verweisen in die Geschichte und vibrierendem Gegenwartsbezug. Was unter einer riesigen Diskokugel besonders gut bei ihren als Zugabe gespielten Mega-Hits „Juice“ und „About Damn Time“ zur Geltung kommt – ein würdiges Glitzerfinale, das die Fans mit warmen Herzen und einem Haufen Ohrwürmern in die Berliner Nacht entlässt.

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