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Da fährt er hin.

© action press / HANSEN,MARKUS

Marder, Leopard und die Sprache: Nun mach hier mal nicht einen auf Panzer, du Lappen!

Bisher waren Panzer Synonym für Härte, Abwehrbereitschaft und Unkaputtbarkeit. Das vergangene Jahr lehrte: Stimmt so gar nicht.

Eine Glosse von Ariane Bemmer

Die deutsche Panzer-Debatte ist einen Schritt weiter. Dass dieser von Ihnen soeben gelesene Satz heutzutage sofort zu Nachfragen bezüglich Kategorie, Bauart und Typ führen würde, gehört mit zu den Nebeneffekten, die nach fast einem Jahr Streit um Lieferung in die Ukraine hierzulande zu beobachten sind.

Der nachrichtenkonsumierende Teil der Bevölkerung hat, ob er wollte oder nicht, in Sachen Kampfgeräte einiges Detailwissen angehäuft und kennt sich inzwischen aus wie früher nur Armeeangehörige, Militär-Nerds oder Panzer-Quartett-Besitzer.

Und das ist ja noch nicht alles. Was parallel zu diversen tollen Raubkatzennamen noch ins kollektive Wissensreservoir eintröpfelte, war die höchst erstaunliche Erkenntnis, dass Panzer ganz anders sind, als man so dachte, als man noch schlechter informiert war.

Panzer sind nämlich offenbar gar keine hochrobusten Unkaputtbarkeiten, keine rollenden Festungen, die alles aus dem Weg räumen, was sich ihnen in den Weg stellt, keine überall hinbeorderbaren Rettungsinseln für Gefahrensituationen jeglicher Art.

Wer mit ihnen zu tun kriegt, braucht Nerven wie Mariah Careys Tourmanager

Stattdessen wurden sie (was die wüsten russischen Reaktionen auf die Lieferansagen umso unverständlicher macht) der breiten Öffentlichkeit bekannt als unzuverlässig und viel zu kompliziert, als selten bis gar nicht verfügbar, als dauer-malade und permanent make-over-bedürftig. Wie Diven wurden sie mal mehr oder weniger deutlich beschrieben. Man ahnt: Wer mit ihnen zu tun kriegt, braucht Nerven wie die Tourmanager von Mariah Carey.

Wird das ohne Folgen bleiben? Erstens für den Blick auf die Rüstungsindustrie (Hallo? Kann man die mal anders bauen?) und zweitens für die umgangssprachliche Wortverwendung? Die bringt den Panzer bisher dort zum Einsatz, wo es um Härte und sonstigen Ernst geht.

Man denke an Panzerschränke. Kann dieses Determinativkompositum den aktuell stattfindenden Bedeutungs-Shift überstehen? Kann es bleiben, wie es ist, wenn sich für offenkundige Schwäche-Simulanten die Redewendung „Nun mach hier mal nicht einen auf Panzer, du Lappen“ etabliert?

Aber ein Gutes könnte der Wandel haben: Dass nicht mal Panzer sicher für das stehen, was man bisher als gesichert ansah, könnte vielleicht auch jene zu mehr semantischen Neudeutungsbereitschaft bewegen, die sich dagegen bisher gut gepanzert hatten.

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