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Der britische Tenor Mark Padmore.

© Imago

Mark Padmore und Kristian Bezuidenhout: Das Veilchen und der Nachtgefährte

Tenor Mark Padmore und Pianist Kristian Bezuidenhout singen im Konzerthaus selten gehörte Lieder von Haydn, Mozart, Beethoven - und vor allem Schubert.

Es hätte ihm gutgetan: Einmal nicht als der Kleinmeister zu gelten – ein Diktum, unter dem Franz Schubert sehr gelitten hat –, sondern als derjenige, auf den alles zuläuft. Lied, Sonate, Kammermusik: Das waren seine Domänen, unter denen er zu Lebzeiten, wenn überhaupt, bekannt (und abgestempelt) war. Die große C-Dur-Symphonie blieb bis lange nach seinem Tod unentdeckt. An diesem intimen Abend im Kleinen Saal des Konzerthauses aber ist alles anders. Tenor Mark Padmore und Pianist Kristian Bezuidenhout entwerfen einen Spannungsbogen aus Liedern von Haydn, Mozart und Beethoven, der Schubert als Gipfelpunkt erscheinen lässt.

Manchen dieser Klassiker bringt man überhaupt nicht mit dem Liedformat in Verbindung – Mozart, nicht gerade ein Vielleser, hat nur rund 30 Lieder geschrieben, Haydn immerhin 50 – darunter „She Never Told Her Love“ auf einen Text aus „Was ihr wollt.“ Shakespeare, Goethe, auch Unbekanntere wie Wilhelm Ludwig Gleim oder Johann Gabriel Seidl sind die Dichter, zu denen diese Komponisten gegriffen haben. Besungen wird, natürlich, die Liebe, etwa im von Beethoven emphatisch vertonten „Adelaide“, aber auch die Todeserwartung („Mein wird man nicht mehr gedenken/Auf dieser schönen Erde“). Der Mond, holder Nachtgefährte, gießt sein Schimmerlicht über mehrere Lieder, die Romantik steht vor der Tür. Das Veilchen, frierender Frühlingsverkünder, bekommt zwei prominente Auftritte.

Mark Padmores hellgeschliffener, noch immer sehr jugendlicher Tenor besitzt ein wunderschönes, lang nachhallendes Timbre. Zärtlich folgt er den Liedern bis in die letzte Windung, beobachtet die Töne beim Ausklingen, lässt alle Schwingungen zu ihrem Recht kommen. Trotzdem: Sein Gesang gleicht einem Flickerlteppich, einem Hüpfen von Insel zu Insel. Hat Padmore einen Ton gefunden, verharrt er dort mit Brillanz und Strahlkraft. Aber das Dazwischendrin, das bruchlose Gleiten, das Passaggio: Da offenbart er Schwächen. Kristian Bezuidenhout agiert mehr im Hintergrund, weil sein Hammerklavier natürlich nicht Volumen und Durchschlagskraft moderner Konzertflügel erreicht. So trägt Bezuidenhout diese Lieder auf zarten Libellenflügeln – und bleibt bei aller Diskretion trotzdem prägnant in der Ausformung der Motive.

Dann Schubert! Eine andere Liga der Liedkomposition. Die Klavierstimme unterstützt nicht mehr länger den Sänger, sie emanzipiert sich, wird selbst charakterbildend, erzählt eigene Geschichten. Warum Padmore, bis dahin voller Überschwang, im finalen „Bei dir allein“ – eigentlich eine Hymne an die Geliebte – plötzlich kämpferisch, trotzig, beinahe bellend wird, ist ein Rätsel, das er dem Besucher mit auf den vom Nachtgefährten beschienenen Nachhauseweg mitgibt.

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