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Sie will sich doch nur sonnen. Selma Björnsdóttir spielt Eybjörg in "Under the Tree".

© Netop Films

Isländische Satire „Under the Tree“: Mein Nachbar, der Giftzwerg

Böse Filmsatire aus Island: In Hafsteinn Gunnar Sigurðssons „Under the Tree“ eskaliert ein Nachbarschaftsstreit um einen Baum.

Dass „Under the Tree“ als Komödie beworben wird, ist ein ziemlicher Etikettenschwindel. Selbst hartgesottene Freunde lakonischer skandinavischer Komödien werden an dieser wie in Säure getauchten Satire von Hafsteinn Gunnar Sigurðsson wenig zu lachen finden. Obwohl das Thema Nachbarschaftsstreit ja zur Identifikation einlädt. Auch im Kino, wovon unter anderem die „Bad Neighbours“-Quatschkomödien leben. Denn die lieben Mitmenschen über, unter oder – wie in dieser Reihenhaussiedlung in Reykjavik – neben einem, über sie hat sich jeder und jede schon mal aufgeregt. Auch der prächtige Baum, der den Garten der Protagonisten Inga und Baldvin ziert und die Sonnenterrasse des benachbarten Paares Konrad und Eybjörg verschattet, ist ein Klassiker, wenn es um den Beginn eines Nachbarschaftskrieges geht.

Zumal die offensichtlich unter einer Depression leidende Inga (Edda Björgvinsdóttir) Konrads sportlich-jugendliche Frau wie die Pest zu hassen scheint – während Eybjörg mit ihrem älteren Ehemann hektisch an der Umsetzung ihres Kinderwunsches arbeitet. Ihre Katze dagegen liebt die Sarkastin Inga sehr, die dauernd am Weinglas hängt. Umso irritierter ist Inga, als das Tier plötzlich verschwunden ist. Da mag Ehemann Baldvin (Sigurdur Sigurjonsson) noch so begütigend auf sie einreden, sie verdächtigt die Nachbarn. Eines Morgens sind Konrads Autoreifen platt, und auch Eybjörgs Augenstern, ein Schäferhund, landet alsbald auf der Vermisstenliste.

Zaungast des weder durch Vernunft noch durch ein klärendes Gespräch zu stoppenden Geschehens ist Atli (Steintór Hróar Steintórsson), Ingas und Baldvins Sohn. Er zieht wieder bei den Eltern ein, nachdem ihn seine Freundin wegen eines angeblichen Seitensprungs rausgeworfen hat. Das trägt allerdings kaum zur Deeskalation der zusehends absurder und gewalttätiger ausfallenden nachbarschaftlichen Übergriffe bei.

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Gefilmt ist das nur von gelegentlichen Gesangsvereinsbesuchen Baldvins aufgelockerte bürgerliche Elend im schmucklosen Indie-Look. Handkamera und trübes isländisches Tageslicht tragen zum Eindruck eines dumpfen Missmuts zwischen weißen Reihenhauswürfeln bei. So freudlos inszeniert der Regisseur den Krieg am Gartenzaun, dass „Under the Tree“ nur als Lehrstück über die Nachtseiten des Menschseins gemeint sein kann, also über Neid, Aggression, Verbitterung, Rechthaberei und verstocktes Schweigen. Zur restlos kühlen Milieu- oder Gewaltstudie nach Michael Haneke fehlt es der Geschichte und Figurenzeichnung aber wiederum an Gehalt.

So bleibt „Under the Tree“ trotz der überzeugenden Besetzung in einem merkwürdigen Limbo erzählerischer und inszenatorischer Unentschlossenheit hängen. Da nützt es auch nichts, dass am Ende manches anders ist, als es zu sein scheint – und die Schlusspointe sitzt.

City Kino Wedding, Delphi Lux, Filmtheater am Friedrichshain, Hackesche Höfe, Passage, Xenon, Yorck

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