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Berlin wasserseitig erobern: Mit Fischbrötchen nach dem Törn fühlt es sich hier an wie Hamburg.

© imago/PEMAX/IMAGO/Peter Mei√üner

Mein Sommer in Berlin: Unerträgliche, piefige, schönste aller Städte

Vermisst alte Freiräume und entdeckt dennoch ganz neue: Filmemacher Christian Beetz segelt seit einem Vierteljahrhundert im Wechselbad der Gefühle.

Ein Kommentar von Christian Beetz

Die Weltstadt Berlin ist unerträglich. Die Verwaltung funktioniert nicht, die Mieten sind ins Unerträgliche gestiegen, kulturell wirkt es piefig mit dem Humboldt Forum und der derzeitigen Theaterlandschaft. Die weitere Aufzählung könnte ins Unermessliche gehen – Fahrradwegeausbaustopp, zu wenig Sportstätten, zu wenig Kita- und Schulplätze bei gleichzeitiger Kürzung der Zuschüsse für freie Schulen. So richtig sexy ist hier gar nichts mehr.

Und jetzt geht es auch noch der Berlinale an den Kragen, die in der schlimmsten Jahreszeit in Berlin Tausende Menschen aus dem Ausland in die Stadt zieht. Hier bin ich ständig im Entschuldigungsmodus „This is not Berlin, you have to come in the summer“. Erst dann entfaltet sich die Stadt in ihrer Vielfalt und zeigt sich von der besten Seite. Berlin entspannt und lässt vieles wieder vergessen, was hier im Argen liegt.

Gerade haben wir weltweit Dr. Mottes „Rave the Planet“ live in die Welt übertragen. Ich selbst war in den 90ern noch auf dem Ku‘damm dabei, als die Welt in Berlin noch in Ordnung war. Da gab es all die Freiräume, wir haben keine 50 Mark fürs Wohnen bezahlt und unendlich viel Zeit gehabt, uns dem Leben zu widmen.

Wenig ist davon noch zu sehen, vielleicht gerade noch ein Hauch am Holzmarkt an der Spree. Doch Berlin lädt selbst nach 25 Jahren immer wieder zu Neuem ein. Man kann sich hier immer wieder neu erfinden! Trotz meiner Höhenangst: auf in die Jungfernheide in den Waldhochseilgarten auf 15 Meter Höhe! Zur Belohnung gibt es danach einen sehr guten Kaffee und selbst gebackenen Blechkuchen im Sommergarten am Wasserturm.

Hier ist es aufgeräumt wie in München. Als Nächstes endlich mal den Bootsführerschein angehen, um Berlin wasserseitig zu erobern. Nach dem Theoriewochenende in Frohnau geht es in der Segelschule „Große Freiheit“ am Wannsee, gleich unter dem Flensburger Löwen, raus aufs Wasser. Hier fühlt es sich mit Fischbrötchen wie in Hamburg an. Und am Wochenende ab auf die Bretter, Wasserski am Ruhlesee im Barnimer Land! Das ist fast Saint Tropez – nur wesentlich cooler. Und schon ist man wieder versöhnt mit der schönsten Stadt Deutschlands.

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