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Daniel Harding in der Philharmonie

© Monika Rittershaus/Berliner Philharmoniker

Berliner Philharmoniker: Mozart pur

Die Berliner Philharmoniker, der schwedische Rundfunkchor und Daniel Harding überzeugen mit einem reinen Mozart-Abend

Erst im März war Daniel Harding bei den Berliner Philharmonikern mit orchestrierten romantischen Liedern zu Gast. Gut sechs Wochen später steht er wieder am Pult des Scharoun-Baus, für einen reinen Mozart-Abend, den Harding schon bei der kurzen G-Dur-Symphonie KV 318 mit schwungvollem Legato und theatralischer Gestik ausstattet. Aus Stockholm, wo der Brite seit zehn Jahren das Schwedische Rundfunk-Symphonieorchester leitet, hat er den Rundfunkchor mitgebracht, 34 Sängerinnen und Sänger.

Bei der c-Moll-Messe KV 427 legen sie derart kraftvoll los, dass einem fast bange wird um die dynamische Balance. Aber der Chor (Einstudierung Sam Evans) gilt nicht umsonst als einer der weltweit besten seiner Art. All die Anrufungen, Beschwörungen, Lob- und und Bittgesänge des Fragment gebliebenen Sakralwerks sind ja ein einziges unerbittliches Flehen. Das geht nicht ohne Nachdruck, aber die Schweden forcieren nie. Wenn sie das geballte Forte im getragenen, auch zähen „Qui tollis“ dann wie aus einem Munde zum Piano herunterdimmen, nimmt die Homogenität des Chorklangs magische Züge an. Daniel Harding legt besonders breit gezackte Streicherfiguren darunter. „Erbarme dich unser“, das Gebet als augmentierter, dann implodierender Schrei.

Harding ist um einen integrativen Gesamtklang bemüht

Dass der Chor bei aller Verve durchhörbar bleibt, verdankt sich auch der ungewöhnlichen Aufstellung von Sängern und Musikern. Die Bläser der Philharmoniker sind mit Ausnahme der Trompeten hinter den Ersten Geigen platziert, die Solisten nehmen zwischen Orchester und Chor Platz, die Männerstimmen finden sich rechts und links von den Chorsängerinnen, Tenöre und Bässe je hälftig auf beiden Seiten. Auch Sopran und Alt sind locker verteilt. Die Folge: Einzelstimmen blitzen auf, das wuchtige Kollektiv bewahrt sich eine persönliche Note.

Ein Mozart mit wenig Vibrato und geschmeidig abgefangenen Schlüssen – stets ist Harding um einen integrativen Gesamtklang bemüht. Dem fügen sich die Solisten kongenial ein, wobei Genia Kühmeier sich neben Lucy Crowes mühelos in die Höhe schwingendem Sopran manchmal doch anstrengen muss. Crowes Zeitlupen-Koloraturen, ihre aparten, nie auftrumpfenden Modulationen bescheren dem Publikum einige Glücksmomente an diesem Abend.

Der Tenor Andrew Staples und der Bassist Georg Zeppenfeld warten vor der c-Moll-Messe mit Arien-Raritäten von Mozart auf. Staples mit dem hellsichtigen, innig-schlichten Lamento „Aura, che intorno spiri“, Zeppenfeld mit „Per questa bella mano“ samt virtuoser Kontrabass-Begleitung. Der Solist intoniert eherne Treueschwüre, der Philharmoniker Janne Saksala spinnt die ganze Nervosität eines sich verzehrend Liebenden drumherum. Nicht einfach, die rasenden Läufe auf dem Kontrabass-Griffbrett zu absolvieren, aber Saksala meistert die Kür. Ein Unikum von orchestriertem Liedgesang – da schließt sich der Kreis zu Daniel Hardings Auftritt im März.

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