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Kultur: Musik in Berlin: Hacken

Die erste Minute sagt alles. SheshBesh, das Quintett aus Israel, steht auf der Bühne und sagt nichts.

Die erste Minute sagt alles. SheshBesh, das Quintett aus Israel, steht auf der Bühne und sagt nichts. Spielt auch nichts. Die fünf stehen nur da, formen einen Halbkreis, die Instrumente in der Hand. Sie schauen sich nicht gegenseitig an, sie sehen ins Leere. Vielleicht meditieren sie, doch wahrscheinlicher ist: Sie hören der Stille zu, spüren Quinten, Skalenläufe, Obertonreihen auf. Und zeigen dem Publikum bei den Jüdischen Kulturtagen im Haus der Kulturen der Welt, worum es bei SheshBesh geht: Klänge zu erahnen. Dann doch ein paar Töne. Viermal zupft Yair Dalal an seiner arabischen Laute, genannt Oud, mehr braucht es nicht. Man versteht bereits: ein Tonleiterfetzen in Moll. Vier Töne, die das Leitmotiv für den ganzen Abend bilden. Die Ruhe, mit der SheshBesh das kleine Kammerstück aufführt, ist verblüffend. Die fünf spielen Stücke aus der jüdisch-arabischen Tradition, arrangieren Volkslieder aus dem Irak, Liebeslieder aus Tadschikistan, sogar ein Stück aus Andalusien, das sich seinen Weg in den Nahen Osten gebahnt hat. Melodien wie im Rausch suggeriert so ein Programm, Betörend-Beschwörendes, zumal sich SheshBesh zwei Perkussionisten leistet. Doch die sitzen ruhig auf ihren Hockern, klopfen gemeinsam simple Patterns auf Tamburin und Djembe, verzichten auf polyrhythmische Trommelduelle. SheshBesh liebt es, die Dinge bei Andeutungen zu belassen. Die Musiker gestalten ihre Strukturen so einfach, dass der Hörer zur Musik seinerseits Klänge hinzudichtet. Man meint Feste zu sehen, die unsichtbar bleiben. Bei der Sparsamkeit dieser Musik sind Spannungsbögen unerlässlich. Nicht immer gelingt das. Die Wiederholungen lähmen zuweilen die Imagination. "Haut mal auf die Pauke!", will man ihnen zurufen, doch Perkussionist Erez Monk streichelt den großen Gong nur. SheshBesh will das Raue zart. Dabei würden ein paar abstehende Splitter die Musik noch besser machen.

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