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Kultur: Musik in Berlin: Vorsicht, es zieht

Ein bisschen trocken war nur die Akustik, sonst aber alles wie in kühnsten, vergeblichen Konzert-Träumen: Neue Musik der gar nicht bequemen Art, der ein gut durchmischtes, weder grauköpfiges noch elitäres Publikum in die entlegensten Windungen folgt. Interpreten, die mit ihm ins Gespräch kommen, durch ihr engagiertes Spiel ebenso wie in der anschließenden, die verschiedensten Aspekte zulassenden Diskussion.

Ein bisschen trocken war nur die Akustik, sonst aber alles wie in kühnsten, vergeblichen Konzert-Träumen: Neue Musik der gar nicht bequemen Art, der ein gut durchmischtes, weder grauköpfiges noch elitäres Publikum in die entlegensten Windungen folgt. Interpreten, die mit ihm ins Gespräch kommen, durch ihr engagiertes Spiel ebenso wie in der anschließenden, die verschiedensten Aspekte zulassenden Diskussion. Ein Zwanglosigkeit ausstrahlender, charmant maroder Raum. Im Kesselhaus der Kulturbrauerei präsentiert das der Moderne verschriebene Kairos-Quartett eine fünfteilige Reihe mit Streichquartetten nach 1945.

"Fünf Fenster" - so ihr Motto - öffnen sich ebenso zur "klassischen" Nachkriegsmoderne wie zu jüngsten Experimenten, am zweiten Abend zu den Mikrotönen des Georg Friedrich Haas. Der österreichische Komponist löste sich schon vor geraumer Zeit vom "wohltemperierten", die abendländische Musik seit Jahrhunderten bestimmenden Tonsystem. Seine Klangerforschung richtet sich auf die Schwingungen und Schwebungen der Obertöne, die durch die temperierte Stimmung unterdrückt werden und dem wohlerzogenen Ohr eher "falsch" erscheinen. Doch dadurch entsteht eine ganz eigene, freie und farbige Schönheit: Wie von Patina überzogen scheinen die alten Harmonien - etwa das Wagnis einer großen Terz oder eines Septakkords - im Streichquartett Nr. 2 (1998) zwischen druckvollen, geräuschhaften Reibungen oder flirrenden Flageoletts auf, Traditionstrümmer ohne nostalgischen Beigeschmack.

In der stupenden Virtuosität eines aus höchsten Höhen herabrasenden Bewegungsgeflechts - wie Autos auf einer Carrerabahn - erscheint der Vorgänger von 1997 zunächst "moderner", umso dramatischer sein "Absturz" in breite Klangbänder - vergebliches Aufbegehren? "Ich habe aufgegeben, Neues zu machen", sagt Haas, "ich beobachte mein Komponieren eher wie das Wachstum einer Pflanze. Sehr verschiedene, individuelle Pflanzen jedenfalls, wie das sperrige, rhythmisch scharfe "Trio Basso" beweist, in seinem Titel "...aus freier Lust...verbunden" Inbegriff von Kammermusik, vergangene Utopie.

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