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Echt mit Brille: Nana Mouskouri im Admiralspalast

© Imago

Nana Mouskouri in Berlin: Stimme im Abendrot

Nana Mouskouri wird in einer Woche 80 Jahre alt. Sie steht seit über 50 Jahren auf der Bühne, für viele Hörer ist sie ein Teil ihrer Biographie geworden. Jetzt gab sie im Berliner Admiralspalast ein Konzert.

Mächtig Auftrieb an der Friedrichstraße, auch junges Volk, vor allem aber viele Damen mit auffällig schwarzgerandeten Brillen. Nur Einbildung, oder wollen sie ihrem Idol möglichst ähnlich sein? Auf jeden Fall toll, wie es Nana Mouskouri auch mit fast 80 Jahren – ihren Geburtstag feiert sie am 13. Oktober – immer wieder schafft, die Säle zu füllen. Ihren immer etwas trutschigen Look (schwarzes Haar, Mittelscheitel und eben die markante Brille) hat sie, einmal gefunden, nie mehr verändert. Eine granitene Treue zum eigenen Bild, in der ihr allenfalls Mireille Mathieu gleichkommt.

Warum sollte sie auch was ändern? Wahnsinnig erfolgreich ist sie, nach Madonna die Nummer zwei im Musikbusiness mit unglaublichen 250 Millionen verkauften CDs – eine Zahl, die auch dadurch zustande kommt, dass ihre Karriere inzwischen 50 Jahre umspannt. Und dass sie in vielen Ländern, Japan eingeschlossen, ein Star ist. Angefangen hat es 1961 – ausgerechnet in Deutschland. Die Griechin war bei der Ex-Besatzungsmacht enorm populär. Für die „Weißen Rosen aus Athen“.

Die sind im Admiralspalast erst mal nur Zitat – in Form einer weißen Rose, die am Mikroständer prangt. Nana Mouskouri hat ja so viel mehr gesungen, Lieder, die Freunde für sie geschrieben haben. Und die zeigt sie vor: Harry Belafontes „Try to remember“, Udo Jürgens’ „Alles, was du brauchst, ist Liebe“. Ihr Vater, erzählt sie, hat als Filmvorführer in Griechenland gearbeitet, das hat ihre Kindheit geprägt. Und singt: „Smoke gets in your eyes“, „Somewhere over the rainbow“, „Ich hab’ noch einen Koffer in Berlin“. Auch Verdis „Va’, pensiero“ hat sie im Repertoire.

Alle Befürchtungen sind unbegründet: Die Stimme sitzt gleich

Natürlich sorgt man sich:  Wird sie die Töne gleich treffen, braucht sie eine Aufwärmphase? Alle Befürchtungen sind unbegründet, die Stimme sitzt. In der Mittellage schwächelt Mouskouri etwas, lieber hält sie sich in der Tiefe und – vor allem – in der Höhe auf. In einer fragilen, anrührenden Höhe, ausgedünnt, auratisch, charaktervoll, gesättigt von einem langen Künstlerleben. Eine Stimme im Abendrot, die immer noch viel Stärke und Willenskraft transportiert und etwas Tröstliches hat. Nana Mouskouri: eine kindliche Kaiserin, charmant und bodenständig. Dem einmal gewählten weitgeschnittenen glitzerroten Zweiteiler bleibt sie den ganzen Abend treu. Und muss sich nur gelegentlich kurz hinsetzen.

Wenn’s mal doch nicht so gut klappt mit den Tönen, ist sie ja hervorragend eingebettet in den Soundteppich, den ihre Band mit Keyboard, Gitarren und Percussion um sie webt – und mit einer wunderbar kernigen Mandoline, die viel griechisches Kolorit in den Abend zaubert. Dann der Höhepunkt: Eine Hommage an Amy Winehouse, die ja eine ähnlich rauchige Stimme hatte. Wenn Nana Mouskouri „Love is a losing game“ aus dem ersten Album der 2011 mit 27 Jahren gestorbenen Sängerin interpretiert, ist das weder ranschmeißerisch noch peinlich. Sondern restlos berührend. Weil sich Mouskouri auch im Alter jederzeit offen zeigt für zeitgenössische, junge Einflüsse. Die liefert auch ihre Tochter Lénou, die mit balsamisch dunkler Stimme und Beinen in Brooke-Shields-Länge beeindruckt, aber ein bisschen zu viel Zeit für ihre Solos erhält. Um ihre Karriere with a little help from Mom anzukurbeln? 

Die unverbrüchlichen Bande, die Nana Mouskouri wie eh und je mit ihrem Publikum verknüpfen, werden spätestens bei den großen Krachern ganz deutlich spürbar: „Guten Morgen, Sonnenschein“, „La Provence“ und selbstredend „Weiße Rosen aus Athen“. Sie alle kommen gesammelt im Zugabenblock. Man tritt Nana Mouskouri nicht zu nahe, wenn man sagt, dass sie auf die alten Sachen nicht mehr so viel Lust hat. Muss sie auch nicht. Der Abend zeigt, wie viel weiter ihr künstlerischer Horizont ist. Und dass es immer ein Missverständnis war, sie vor allem als Schlagersängerin zu sehen – und nicht als Weltmusikerin.

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