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Andrea Zietzschmann (M.) im April 2016 vor der Hamburger Elbphilharmonie mit Joachim Knuth (l.), NDR-Programmdirektor Hörfunk, und Achim Dobschall, Leitung Redaktion und Management des NDR Elbphilharmonie Orchesters.

© dpa

Neue Intendantin der Berliner Philharmoniker: Netzwerkerin mit starken Nerven

Andrea Zietzschmann wird neue Intendantin der Berliner Philharmoniker. Wer ist die Frau, die bisher vor allem beim NDR in Hamburg tätig war?

Eigentlich wollten die Musiker die Personalie erst am Donnerstag verkünden, wenn Dirigent Kirill Petrenko seinen Vertrag als Nachfolger von Simon Rattle bei den Berliner Philharmonikern in einer öffentlichen Zeremonie unterzeichnen wird. Doch nun ist bereits jetzt durchgesickert, dass Andrea Zietzschmann die neue Intendantin des Orchesters werden soll. Martin Hoffmann, der aktuelle Amtsinhaber, verabschiedet sich zum Sommer 2017. Die 46-jährige Kulturmanagerin, die aus Hamburg nach Berlin wechselt, hat dann zwei Jahre Zeit, sich einzuarbeiten, bevor Petrenko 2019 in der Hauptstadt anfängt.

Andrea Zietzschmann kennt Berlin gut. Denn sie hat schon einmal hier gearbeitet, von 1997 bis 2003 als Managerin des Mahler Chamber Orchestra (MCO), das sie damals gerade erst zusammen mit einigen ehemaligen Musikern des Gustav Mahler Jugendorchesters gegründet hatte. Es war Claudio Abbado, der die Nachwuchsinstrumentalisten zum Schritt in die künstlerische Selbstständigkeit ermutigte, und Abbado half in den ersten Jahren dann auch als Mentor und regelmäßiger Dirigent tatkräftig, dem Mahler Chamber Orchestra einen Platz im internationalen Klassikbusiness zu sichern.

Zusammen mit einem kleinen, eingeschworenen Team organisierte Andrea Zietzschmann damals die Aktivitäten des auf Projektbasis agierenden MCO von einem Büro in Prenzlauer Berg aus. Es war ihr erster Job nach dem Studium von Musikwissenschaft, Kunstgeschichte und Volkswirtschaft, eine Pionierarbeit, bei der die Fähigkeit zu polyglottem Networking ebenso gefragt war wie nervenstarkes Improvisationstalent. Denn zum einen stammen die Mitglieder des Ensembles aus zwanzig verschiedenen Nationen, und zum anderen musste sich die Formation von Anfang an finanziell vollständig selber tragen.

Beim NDR hat sie den Umzug des Orchesters in die Elbphilharmonie vorbereitet

2003 wechselte Andrea Zietzschmann dann in den staatlich subventionierten Kulturbetrieb, wurde Orchestermanagerin beim Hessischen Rundfunk. Und bewährte sich auch hier so gut, dass der Sender ihr ab 2008 die Verantwortung für alle seine Klangkörper übertrug. Dass sie in Frankfurt auch ein Festival des HR für Neue Musik betreuen konnte, gefiel Andrea Zietzschmann besonders gut – denn seit ein Lehrer aus ihrem Heimatort Schwenningen am Neckar sie als Teenager mit zum Uraufführungsfestival im nahen Donaueschingen nahm, hat sie ein offenes Ohr für Zeitgenössisches.

Eine Begeisterung, die sie auch zu ihrem nächsten Job als Leiterin der fünf Musik-Ensembles des NDR mitbrachte. Ende 2013 wechselte Andrea Zietzschmann nach Hamburg, wo sie derzeit vor allem damit beschäftigt ist, den Umzug des Sender-Sinfonieorchesters in die Elbphilharmonie vorzubereiten. Mitte Januar 2017 soll der Prestigebau in der Hafencity endlich den Spielbetrieb aufnehmen – doch anders als „ihre“ Musiker wird die Musikmanagerin das neue Haus nur kurz genießen können, bevor sie mit ihrem Ehemann, einem Geiger, und der neunjährigen Tochter an die Spree umzieht.

In Berlin erwartet Zietzschmann ab Herbst 2017 eine bislang unbekannte Arbeitssituation. Denn bei den selbstbewussten, basisdemokratisch organisierten Philharmonikern spielt die Intendantin trotz ihres wohlklingenden Titels in der Hierarchie traditionell nur die zweite Geige. Eine besondere Herausforderung wird es sein, nach der Ära des brillanten Kommunikators Simon Rattle dafür zu sorgen, dass der Kontakt mit der Öffentlichkeit auch unter dem als extrem pressescheu geltenden Kirill Petrenko weiterhin funktioniert.

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