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Lou (Cate Blanchett), Rose (Helena Bonham Carter) und Debbie (Sandra Bullock) besprechen ihren Millionenraub.

© Barry Wetcher/Warner

"Ocean's 8" im Kino: Was elf Männer können, schaffen acht Frauen schon lange

Gleiche Formel, umgekehrte Vorzeichen: Nach drei „Ocean’s“-Filmen mit Männern in den Hauptrollen darf jetzt eine weibliche Starriege ran.

So ein 3D-Drucker ist eine feine Sache. Fehlt im Haushalt etwa Geschirr für einen überraschend auftauchenden Dinnergast, kann es fix ausgedruckt werden. Stehen weniger erfreuliche Begegnungen an, lassen sich auch Waffenteile herstellen. Technik, die begeistert – zunehmend auch die Filmbranche. Von der queeren Indieproduktion „M/M“ bis hin zum demnächst startenden Science-Fiction-Spektakel „Hotel Artemis“ kann man sie gerade vermehrt auf der Leinwand bewundern.

In Gary Ross’ „Ocean’s 8“ hat der 3D- Drucker sogar eine Hauptrolle ergattert. Sein Job: ein millionenschweres Diamanten-Collier nachbilden, das die Diebinnenbande um die gerade aus dem Gefängnis entlassene Debbie Ocean (Sandra Bullock) stehlen will. Die Kopie soll davon ablenken, dass sich das gute Stück nicht mehr an dem Ort befindet, an dem es die Eigentümer vermuten.

Tammy (Sarah Paulson), die Zeugwartin der Gruppe, hat das Maschinchen herangeschafft und führt es den Kolleginnen vor. Es stellt eine verkleinerte Version von Michelangelos David-Statue aus Kunstharz her. Ein makelloser, nackter Männerkörper wird von Frauen zum Objekt gemacht – üblicherweise läuft es andersherum. Damit enthält die Szene auch schon die zentrale Idee von „Ocean’s 8“: Nach drei „Ocean’s“-Filmen mit überwiegend männlicher Besetzung kommt nun die weibliche Variante. Eine Kopie der Kopie. Schon die Trilogie um George Clooneys Meisterdieb beruhte ja auf „Ocean’s Eleven“ mit Frank Sinatra in der Hauptrolle.

Der Coup läuft wie am Schnürchen

Danny Ocean ist inzwischen tot. Seine Schwester Debbie tritt sein Erbe als Mastermind eines komplizierten Raubzugs an. Den Plan dazu hat sie in den vergangenen fünf Jahren im Knast ausgetüftelt. Jetzt braucht sie nur noch ein schlagkräftiges Team, um ihn auch ausführen zu können. Als Erstes stöbert sie ihre frühere Komplizin Lou (Cate Blanchett) auf, die inzwischen einen Nachtclub betreibt und deren kriminelle Energien sich auf das Verwässern von Wodka beschränken.

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Die rockstarmäßig gekleidete Lou ist das weibliche Äquivalent zu der von Brad Pitt verkörperten Figur des Rusty Ryan. Wenn Debbie die zögerliche Freundin zum Mittagessen trifft und ihr eine Gabel mit Essen in den Mund schiebt, besiegelt das nicht nur Lous Verführung zum Mitmachen, sondern ist auch eine hübsche Referenz an den dauerkauenden Rusty aus „Ocean’s 11“.

Die restliche Rekrutierung der Bande, sowie der Diebstahl selbst laufen wie am Schnürchen, es gibt kaum größere Hindernisse oder Unvorhersehbarkeiten, die das Team bewältigen müsste. Man bangt nie wirklich um den Ausgang des Coups, eher hat man das Gefühl dabei zuzuschauen, wie eine etablierte Formel zur Anwendung kommt. Von der ethnischen Zusammensetzung der Gang bis zum erwartbaren Twist wirkt alles sehr berechnet und berechnend.

Und wer zählen kann, wird nicht mal von der Pointe am Schluss überrascht. Dass innerhalb dieser auch genrebedingten Kalkuliertheit deutlich mehr möglich wäre – etwa durch Übertreibungen und genauere Charakterzeichnung – hat Steven Soderbergh letztes Jahr mit „Logan Lucky“ bewiesen. Schade, dass der Regisseur der ersten drei „Ocean’s“-Filme – hier ist er nur als Produzent beteiligt – offenbar keine großen Inspirationsfunken in die neue Folge einbringen konnte.

Helena Bonham Carter zeigt ihr komisches Talent

Dass „Ocean’s 8“ dennoch vergnügliche Unterhaltung bietet, liegt vor allem an den Schauspielerinnen. Helena Bonham Carter etwa hat als schrullige Modedesignerin Rose die seltene Gelegenheit, einmal ihr komisches Talent unter Beweis zu stellen. Rose muss den Cartier-Boss überzeugen, das seit Jahrzehnten in einem Safe lagernde Collier für eine Gala in der New Yorker Met leihweise an die von ihr eingekleidete Schauspielerin Daphne Kluger (Anne Hathaway) zu geben. Das sei Werbung, die Cartier gut brauchen könne: „Eine ganze Generation spricht ihren Namen falsch aus“, schleudert sie dem Franzosen entgegen, der auf die Kompliziertheit seiner Muttersprache verweist. Woraufhin Rose ihn mit einem französischen Redeschwall vom Gegenteil überzeugt.

Auch Deutsch wird gesprochen: Sandra Bullock, die eine deutsche Mutter hat, gibt sich auf der Gala als Hilde Schneider aus und hat ein paar witzige Ausbrüche in der Sprache. Die Lässigste in der Crew ist die Hackerin Nine Ball, gespielt von Popstar Rihanna. Mit Dreadlocks, fetten Joints und einer Menge herablassender Sprüche bleibt die Figur allerdings platt. Sie fällt mit ihrem Gala- Kurzauftritt im roten Abendkleid sogar noch einmal zurück in Richtung Rollenkonvention.

Überhaupt ist das um Mode und Schmuck kreisende Setting doch recht klischeehaft. Es scheint, als wolle Gary Ross, der auch am Drehbuch mitwirkte, vermeiden, dass es „Ocean’s 8“ wie zuletzt dem weiblich besetzten „Ghostbusters“-Remake ergeht, dem ein frauenverachtender und rassistischer Shitstorm von Macho-Fans des Originals entgegenschlug. Also lieber nicht zu weit rauswagen aus der Welt der Stereotype. Wer hat schon was gegen schlaue Hetero-Frauen in Designerkleidern? So eine kleine Davidstatue ist zum Glück leicht zu übersehen.

Ab Donnerstag in 30 Berliner Kinos

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