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Lars Vogt bei einem Konzert im Jahr 2011

© Foto: Imago/CTK Photo/Michal Dolezal

Pianist Lars Vogt ist tot: Mehr als nur Tasten drücken

Er spielte mit Vorliebe Werke der ganz Großen. Mit 51 Jahren ist der Pianist Lars Vogt nun einem Krebsleiden erlegen.

Lars Vogt gehörte zu jener Sorte von Künstlern, die man einfach sofort sympathisch findet. Und zwar sowohl auf der Bühne als auch im Alltag. Keinerlei Starallüren, kein optisches Schnickschnack-Gehabe, keine geschmacklichen Extravaganzen bei der Wahl seines Repertoires.

Der 1970 in Düren geborene Pianist spielte mit Vorliebe Werke der ganz Großen, vor allem der ganz großen Vordenker unter den Komponisten - und zwar mit Ernsthaftigkeit und ehrlicher Hingabe. Seine Deutungen von Beethoven und Brahms, Schostakowitsch und Ligeti zielten immer genau auf den Punkt. Er entwickelte dabei die Fähigkeit, mit so unaufdringlichen Mitteln wie einem gerade nicht extra betonten Spitzenton oder genau eingesetzten Farben im Bass starke Aufmerksamkeit zu erzeugen.

Nach dem Studium an der Musikhochschule Hannover - 2012 kehrte er als Professor hierhin zurück - gewann der Zwanzigjährige den 2. Preis beim Internationalen Klavierwettbewerb im englischen Leeds. Begleitete wurde er im Abschlusskonzert vom City of Birmingham Symphony Orchestra und Simon Rattle.

Dem Dirigenten gefiel die unprätentiöse Art des junge Pianisten, eine enge Künstlerfreundschaft entwickelte sich - und als Rattle dann Chef der Berliner Philharmoniker wurde, wollte er Lars Vogt als Teil seiner musikalischen Familie in der deutschen Hauptstadt haben. In der Saison 2003/04 erfanden Rattle und das Orchester also einen neuen Ehrentitel: Als „pianist in residence“ zeigte der 33-jährige Vogt seine ganze Vielseitigkeit, vom Virtuosenkonzert bis hin zur intimen Kammermusik.

Wenn man sich einkapselt, kommt man nicht weiter.

Lars Vogt

Das gemeinsame Spiel in kleiner Besetzung lag ihm immer am Herzen. In Heimbach in der Eifel, wo damals mit Frau und Kind lebte, gründete Lars Vogt 1998 ein eigenes Kammermusikfestival - und nannte es „Spannungen“, weil die Aufführungen in einem ehemaligen Kraftwerk stattfinden.

„Als Klavierspieler ist man zwangsläufig die meiste Zeit ein Einzelgänger, beim Üben wie auch auf Gastspielreisen. Darum sind Orchestermusiker meist auch viel kommunikativer als Pianisten. Und sie haben mehr Spaß miteinander“, sagte Vogt in einem Gespräch während seiner Bertiner „pianist in residence“-Zeit. „Wenn man sich einkapselt, kommt man nicht weiter, weder menschlich noch künstlerisch.“ Als ihm diese Erkenntnis kam - da war er gerade 16 -, nahm er sich vor, seine Karriere zweigleisig zu fahren.

Später kam noch ein dritter Aspekt hinzu, das Dirigieren. Seit 2020 war Lars Vogt Musikdirektor beim Orchestre de Chambre de Paris. Und er engagierte sich in der Education-Arbeit. Auf seine Initiative hin gründete sich 2006 der Verein „Rhapsody in school“. „Selbst den lustlosen - oder sagen wir lieber: ungeübten - Schülern bleibt ganz weit hinten im Bewusstsein die Erinnerung, dass da mal so ein Verrückter war, der beruflich so eine komische Sache machte“, beschrieb Vogt das Ziel dieses musikalischen Streetworking.

In der Region war er zuletzt 2020 bei der Kammerakademie Potsdam aufgetreten, 2019 spielte er bei einem Mozart-Projekt des Mahler Chamber Orchestra im Berliner Kammermusiksaal. Im Frühjahr 2021 wurde bei ihm Speiseröhrenkrebs diagnostiziert, mit nur 51 Jahren ist Lars Vogt dieser heimtückischen Krankheit jetzt erlegen.

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