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Labelmacher Daniel Meteo
Foto: Stefanie Herbst

© Tagesspiegel/Stefanie Herbst

Plattenlabel Edition Dur: Limitiert und nur auf Vinyl

Die Edition Dur veröffentlicht für das Berliner Kulturkaufhaus Dussmann aktuelle Platten. Doch angefangen hat alles mit einem Klassiker. Ein Besuch beim Labelmacher Daniel Meteo.

Zumindest einen positiven Aspekt hatten die zähen Lockdown-Monate während der Corona-Pandemie für Daniel Meteo, sagt er. Sie brachten ihn auf eine neue Idee. Der Musikverleger, der während eines Lockdowns mal wieder nichts besseres zu tun hatte, als bei einer Freundin abzuhängen, hörte bei dieser eine uralte Schallplatte: Lotte Lenya singt Kurt Weill.

„Moritat“, „Alabama Song“, die ganzen Klassiker aus der Schmiede des Komponisten, mit Texten von Bert Brecht, gibt die Schauspielerin, die Ende der Zwanziger am Berliner Ensemble angestellt war, hier zum Besten. Die Platte gefiel Meteo richtig gut, erzählt er in seinem Büro in der Nähe der Jannowitzbrücke Mitte. Er wollte mehr darüber wissen und musste feststellen, dass sie vergriffen war.

Einen solchen Klassiker wieder neu herauszubringen, das wäre doch was, dachte er sich - und das war die „Initialzündung“ für die Edition Dur, die es nun seit fast einem Jahr gibt.

Fast schon lustig daran ist, dass die Weill/Brecht-Lieder dort nun etwas aus dem Rahmen fallen. Auch wenn er selbst sagt, die Platte passe perfekt in die Reihe. Musikalisch mag das stimmen, denn wenn man sich die bislang erschienen Veröffentlichungen so anhört, stellt man schnell fest: Hier geht eigentlich so ziemlich alles zwischen Jazz, moderner Klassik und Techno. Allerdings sind die anderen Aufnahmen, die er bislang auf Vinyl pressen ließ, alle weit jüngeren Datums und nicht etwa Jahrzehnte alt wie die ursprünglich 1955 erschienene Platte von Lotte Lenya.

Meteo ist gemeinsam mit dem Berliner Musikmanager Sven Hasenjäger Kurator von Edition Dur. Wer bei Dur an die Tonart denkt, möge dies tun, eigentlich steht der Name aber für „Dussmann Records“. Denn über das Berliner Kulturkaufhaus in Mitte wird die Edition exklusiv vertrieben. „Farm to table“ nennt Meteo das Konzept und entleiht sich damit einen Begriff aus der Organic-Food-Bewegung, wo der Erzeuger von Biolebensmitteln ohne den Umweg über Zwischenhändler direkt die Restaurants beliefert.

So ähnlich laufe es auch bei seiner Edition, sagt er: „Aus dem Aufnahmestudio geht es direkt ins Plattenregal.“ Label, Management und Vertrieb brauche es dabei nicht. Dass Meteo für sein Geschäftsmodell eine Analogie aus der Food-Branche bemüht, kommt dabei nicht von ungefähr.

Vor ein paar Jahren, als es mit der Musik nicht so richtig gut lief bei ihm und er auch nicht mehr so viel Lust auf dieses Business hatte, versuchte er sich selbst als Gastronom und betrieb eine Weile lang das Restaurant „Zum Mond“ in der Köpenickerstraße.

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Seine Edition, die ausschließlich aus Vinylschallplatten besteht, nennt er eine „Alternative zur Streamingwelt“. Er habe überhaupt nichts gegen Streaming, sagt er, aber dabei würden hauptsächlich Musiker und Musikerinnen gut verdienen, die bereits einen gewissen Bekanntheitsgrad haben und mainstreamkompatibel seien.

Die doch eher sperrige und randständige Musik, die er bei seiner Edition herausbringt, würde einfach zu wenig gestreamt werden, als dass dabei wirklich etwas bei den Musikern und Musikerinnen rumkäme. Bei einem physischen Tonträger wie Vinyl, für den man inzwischen auch schon um die 30 Euro zahlen muss, sei das anders.

Veröffentlicht hat Meteo etwa den Technoproduzenten Shed, der sich einen Namen als Berghain-Resident-DJ gemacht hat. Für die Edition Dur hat dieser ein Werk vorgelegt, das mit klassischer Clubmusik kaum noch etwas gemein hat. Shed arbeitet sich in düster dräuende Hallräume vor und verbindet seine Elektronik immer wieder mit Streicher-Samples.

Von Paul Frick, Teil des Berliner Ensembles Brandt Brauer Frick, kam eine Liveaufnahme gemeinsam mit dem Frankfurter Ensemble Modern heraus, auf der sich klassische Musik und Elektronik miteinander verbinden. Eben erschienen ist zudem eine neue Platte von Markus Popp alias Oval, auf der Gesang, Pianoklänge und abstrakte Elektronik durcheinandergewirbelt werden.

Und ganz frisch im Regal von Dussmann steht die Platte „Berlin Bariton“ des in Berlin lebenden amerikanischen Jazzgitarristen Kurt Rosenwinkel, auf der dieser solo zu hören ist.

Blick ins Kulturkaufhaus Dussmann.
Blick ins Kulturkaufhaus Dussmann.

© Tagesspiegel/Mike Wolff

Alle Platten der Edition Dur werden von Bianca Strauch gestaltet, die bekannt wurde als Hausdesignerin des Kölner Technolabels Kompakt. Auf der Plattenrückseite gibt es stets ein Foto des Künstlers oder der Künstlerin und einen einführenden Text. Und jede Veröffentlichung ist limitiert auf 500 Stück. Natürlich, so Meteo, möchte man mit Gestaltung und Limitierung gezielt Plattensammler ansprechen.

Dussmann, meint er, sei sehr zufrieden mit der Reihe, auch wenn damit nicht wirklich viel zu verdienen sei. Aber das Projekt ist natürlich eine gute Werbung für die Schallplattenabteilung des Kulturkaufhauses, die in den letzten Jahren aufgrund des anhaltenden Vinylbooms immer größer geworden ist. Die ursprünglich auf acht Veröffentlichungen im Jahr 2022 ausgelegte Edition wird es jedenfalls auch im nächsten Jahr geben.

Bislang habe sich bei den Veröffentlichungen alles um Berlin gedreht, so Meteo. Man wolle mit der Reihe schließlich die hiesige Musikszene stärken und nicht zuletzt sei Dussmann eben ein Berliner Kaufhaus. Aber 2023 wolle er auch mal über den eigenen Tellerrand blicken. Und zwar nach Südamerika.

Abgenickt habe Dussmann den Plan zwar noch nicht, aber er sei eben auf eine tolle Platte aus Mexiko gestoßen, die er gerne veröffentlichen würde und auf eine Sängerin aus Brasilien. Wenn es klappt, würde sich die Edition dann zur einen Hälfte auf Musik aus Berlin und zur anderen aus Südamerika konzentrieren. Auch wenn es auf dem südamerikanischen Kontinent kein Kulturkaufhaus Dussmann gibt.

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