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Auftritt der Woche: 2raumwohnung: Musik wie eine Strumpfhose

2raumwohnung spielen im Admiralspalast. Sängerin Inga Humpe hat sich schon warm geträllert - am Telefon.

Fische tanzen auf Bäumen, und Uhren ticken mit spitzen Krallen: Die Welt funktioniert in den Liedern des Berliner Elektro-Pop-Duos 2raumwohnung ein bisschen anders als gewohnt. Die Fische und Uhren gehören zum Song „Vielleicht im nächsten Leben“, den Inga Humpe besonders gern auf der Bühne singt – auch beim Konzert im Admiralspalast am Sonntag: „Das Lied hat live ein ganz anderes Pfund Wildheit als auf dem Album“, sagt sie – und entschuldigt sich sofort für ihre Formulierung. Sie findet, dass sie doch nicht passt, und würde sie am liebsten zurücknehmen. So etwas passiert der Sängerin öfter.

Inga Humpe ist ein Star und wirkt trotzdem nicht besonders selbstsicher. Sieht man sie nur im Video zu „Der letzte Abend auf der Welt“, würde man allerdings nie darauf kommen. Auch dieses Lied passt gut zum Konzert im Admiralspalast – denn es ist das letzte einer Minitournee durch Deutschland mit ihrem neuen Album „Lasso“.

Das Video wurde gar nicht weit vom Admiralspalast entfernt gedreht: Humpe steigt aus einem alten Kombi, schlägt die Autotür zu – und plötzlich wird die baumlose, schlichte Marienstraße in Mitte zur Bühne. In schwarzen Hotpants geht die blonde Frau mit zielstrebigen Schritten im Takt der Musik über den Asphalt. Sie singt: „Komm zu mir / komm rüber / weil jeder Abend wie der letzte zählt“ – mit ihrer heiseren, fast gelangweilten und doch so intensiven Stimme. Immer mehr Kinder und junge Erwachsene hüpfen im Takt der Musik, die Arme schwingend, hinter ihr her – als könnten sie nicht anders. „Eine Parade von Leuten, die das Leben befeiern“, sagt Humpe.

Mit ein bisschen Fantasie könnte man sich vorstellen, dass die Sängerin die Tänzer direkt in den großen Saal des Admiralspalast um die Ecke führt. Dort werden am Sonntag nicht nur Inga Humpe und Tommi Eckart, ihr Duo- und auch Lebenspartner, auf der Bühne stehen, sondern insgesamt sieben Leute. Bassist, Keyboarder, Gitarristen, zählt Inga Humpe auf: „Und am Computer ist der Tommy und produziert maschinelle Rhythmen.“ Für „Der letzte Abend auf der Welt“ etwa einen „komischen italienischen Funkbeat“ , sagt Eckart. „Und dann ist da noch Mausi auf der Bühne“, beendet die Sängerin ihre Aufzählung der Bandmitglieder. Wie bitte? Wer? Nennt sie sich selbst etwa Mausi? „Nee, nee! Ich bin nur albern, wir proben gerade – da benehmen wir uns alle immer wie in der Schulklasse“, sagt sie lachend. Wer es nicht weiß, würde weder im Gespräch mit ihr noch bei ihrem Anblick in Hotpants im Video darauf kommen, dass die Sängerin schon 53 ist.

„Ich bin zu albern“, sagt sie immer wieder, wenn sie ihre Antworten gibt: Zum Beispiel auf die Frage nach den „opaken Riffs“, mit denen ihre Lieder die Zuhörer „fesseln sollen“, jedenfalls laut Konzertankündigung. „Opak, was soll das heißen?“, sagt sie mit einem kleinen Lachen in der Stimme. „Ach, das steht ja immer auf Strumpfhosenpackungen. Wir machen also strumpfhosenartige Musik.“ Sie lacht und versucht dann zu erklären: „Gemeint ist so etwas: dideldideldideldie.“ Sie singt etwa zehn Sekunden lang eine monotone Tonfolge vor sich hin: „Solche Klangsequenzen aus dem Computer sind unser Skelett beim Live-Spielen“, sagt sie. „Sie sind wie eine Maschine, auf die wir dann live draufspielen – dadurch entsteht ein lebendiger Groove.“ Das kann auch ganz anders klingen als „Der letzte Abend auf der Welt“: „Es hat ja eine Spannbreite von Clubbeats bis Indiegeschrebbel, was wir so machen“, sagt Inga Humpe. Und daraus will sie auf der Bühne des Admiralspalastes „eine Wand aus Lebensfreude aufbauen, an der man hochklettern kann“. In ihrem Universum ticken die Uhren eben nicht nur anders – sie kratzen.

Sonntag, 20 Uhr, Admiralspalast, Friedrichstraße 101, Karten ab 26 Euro

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