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Jamie Lidell (Archiv).

© ddp

Kritik: Jamie Lidell: Geplante Spontanität

Jamie Lidell war zu Gast im Festsaal Kreuzberg - im Gepäck die wohl niedlichste männliche Backing Band und eine eher geplant wirkende Spontanität.

Auf jeden Fall hat Jamie Lidell die niedlichste männliche Backing Band. Die Schellenkränze schlagend, geben die beiden schlaksigen Jungs in Batik-T-Shirts, die zuvor Gitarre, Bass und Tasten bedienten, zum Ende des gefeierten Konzerts im Festsaal Kreuzberg summend die Soul Sisters, immer leicht neben der Rolle. Der Drummer brummt den A-Capella-Bass, und Lidell chantet in Umkehrung der Soul-Versprechen von einst: „Music Will Not Last“.

Natürlich wird Musik überleben, vor allem wenn sie ständig so intelligent ihre Gemachtheit reflektiert wie bei Jamie Lidell, dessen Neo-Soul aus seinen Anfängen als experimenteller Techno-Produzent geboren ist. Nichts will hier Ewigkeit. Wenn der Sänger am Ende des Otis-Redding-mäßigen „Multiply“ zärtlich raunend die „U-huus“ hinterhersendet und dazu ins Publikum lächelt, steht er gewissermaßen neben seiner Rolle als Sänger, völlig aufgeklärt über die eigene Aufführung.

Ständig wechselt die Musik die Richtung, von Gniedel-Soul zu Breakbeats zu Led-Zeppelin-Riffs, ständig wechseln auch die Mittel: Mal bearbeitet der filigrane Jazz-Drummer mehr die Gehäuse als die Felle, mal tritt er mit Umhänge-Rhythmuspad ans Mikro. Der in Berlin lebende Musikerfreund Mocky kommt für „Another Day“ an die Orgel, und Lidell gibt improvisierte Solo-Einlagen mit live gesampelter Beatbox – zu selten leider. Liegt es an der Liebe, die er fand? Liegt es an Beck, der das überfrachtete neue Album produzierte (erscheint am 14. Mai)? Lidell ist live für seine Spontaneität berüchtigt. Die wirkt diesmal sehr geplant.

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