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Rispo

© Seibert

Mario Rispo: Deutscher singt Türkisch – und Istanbul ist begeistert

Mario Rispo ist eine Ausnahmeerscheinung. Der gebürtige Hamburger lernte als Kind in seinem Stadtviertel die türkische Musik kennen und lieben. Jetzt machte er als erster deutscher Interpret türkischer Musik Station in Istanbul.

Nervös geht Mario Rispo neben der Bühne auf und ab. Während seine sechs Begleitmusiker das Publikum auf einem Platz vor dem Istanbuler Kunstmuseum "Istanbul Modern" auf seinen Auftritt einstimmen, übt Rispo Tonleitern. Er trinkt einen Schluck Wasser und schaut einen Moment der Band zu, setzt die Flasche dann aber schnell wieder ab und geht weiter. Es ist kein Wunder, dass Rispo so angespannt ist. Schließlich kommt es nicht alle Tage vor, dass ein Hamburger Künstler ein Istanbuler Publikum musikalisch unterhalten soll - und zwar nicht irgendwie, sondern mit klassischen türkischen Liedern, die hier jeder kennt.

Als Kind lernte der heute 39-jährige durch türkische Spielkameraden in Hamburg die türkische Musik kennen. "Meine zwei besten Freunde waren Türken, und die Mutter von einem hörte den ganzen Tag Musik," sagt Rispo. "Mich hat das sehr angesprochen." Später sang er zum ersten Mal Türkisch auf einer Hochzeitsfeier, und was als Gag für das Hochzeitspaar gedacht war, entwickelte sich zur Initialzündung einer ernsthaften Ambition.

Rispo, ein gelernter Kaufmann, der im Zivilberuf zuletzt Event-Manager war, studierte Gesang am türkischen Konservatorium in Berlin-Kreuzberg und arbeitete sein eigenes Programm aus, das er im Frühjahr erstmals in Deutschland vorstellte. Die bisherigen Erfahrungen seien ermutigend, sagt Rispo. Die Deutschen seien dankbar, auf ganz neue Weise an die türkische Kultur herangeführt zu werden. "Und für die Türken ist es eine Sensation, dass ein Deutscher das macht." Für den Herbst plant er eine Tournee durch mehrere deutsche Großstädte. Das Publikum in der Bundesrepublik besteht nach seiner Beobachtung zu etwa zwei Dritteln aus Türken und zu einem Drittel aus Deutschen.

Mit seinen Liedern versteht sich Rispo als jemand, der Brücken zwischen den Deutschen und der größten ausländischen Minderheit in ihrem Land schlagen will. "Ich habe den Eindruck, dass sehr die Negativ-Erscheinungen im Vordergrund stehen", sagt er. "90 bis 95 Prozent der Türken in Deutschland sind absolut integriert, aber das wird nicht wahrgenommen. Wahrgenommen wird nur der 15-jährige mit Baseballschläger."

Als erster und bisher einziger Deutscher, der sich an die für westeuropäische Ohren fremde und musikalisch nicht einfache türkische Liedkunst wagt, kommt sich Rispo manchmal selbst etwas seltsam vor: "Da sag' ich mir: ‚Du bist doch verrückt.'" Doch diese Bedenken gehörten zu "eingetrampelten Pfaden", die er verlassen wolle. Inzwischen lebt Rispo teilweise in Istanbul - auch um sein von seinen Hamburger Freunden erlerntes Straßen-Türkisch aufzupolieren, wie er sagt.

Auf der Bühne merkt man seiner Stimme den Hamburger allerdings nicht an. Auch die Zuschauer bei seinem Auftritt vor dem "Istanbul Modern", der im Rahmen eines Besuches des Berliner Regierenden Bürgermeisters Klaus Wowereit zustande kam, sind erstaunt und begeistert. Viele im Publikum klatschen und singen mit - Rispo hat für das Kurzprogramm eine Handvoll Gassenhauer ausgewählt. Andere sind überrascht, dass da ein Deutscher steht. "Der singt ja wie ein Türke," sagt ein Zuschauer. Ein größeres Kompliment gibt es für Rispo wohl nicht.

Konzerttermine unter www.mariorispo.com

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