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René Kollo

© ddp

Startenor René Kollo: Nun singe, Held!

Ein echter Künstler seines Faches, als Person des öffentlichen Lebens auch mit unschönen Schlagenzeilen bedacht: Der Startenor René Kollo feiert seinen 70. Geburtstag.

Ein wenig bedrückend ist es schon, mit ansehen zu müssen, mit welchen Themen und in welchen Medien René Kollo derzeit Schlagzeilen macht. Mitte Oktober brachte er es auf das Titelbild der „Bunten“: „Ehehölle – nach 23 Jahren heimliche Scheidung“ prangte über dem Foto, das ihn mit seiner zweiten Frau Béatrice Bouquet zeigt. Eine Woche später hieß es in derselben Zeitschrift: „Ehehölle noch viel schlimmer“. Parallel zur offen ausgetragenen Paartherapie spielte Kollo den Jedermann im Berliner Dom, an der Seite des Yellow-Press-Stars Jenny Elvers-Elbertzhagen. Und 2006 war Boris Beckers Exfrau Barbara seine Buhlschaft in der Inszenierung von Brigitte Grothum gewesen.

René Kollo, ein doppelgesicher Künstler: Am 20. November 1937 in Berlin als Enkel des Operetten-Komponisten Willy Kollo („Drei alte Schachteln“) geboren, landet er mit 20 Jahren den Hit „Hello, Mary-Lou“ und absolviert ab 1965 dennoch eine Blitzkarriere als lyrischer Tenor in Braunschweig und Düsseldorf. Vier Jahre später wechselt er ins Heldenfach und wird bei den Bayreuther Festspielen gefeiert, als jüngster Tenor, der hier jemals die ganz großen Partien singen durfte. In Patrice Chéreaus Bayreuther „Jahrhundert-Ring“ ist er der Siegfried, an der Deutschen Oper Berlin zu Götz Friedrichs Zeiten der unangefochtene Superstar. In den Kulturmetropolen von New York bis Tokio reißt man sich um ihn.

Im ZDF präsentiert Kollo ab 1977 für acht Jahre die Show „Ich lade gern mir Gäste ein“, seit 1986 hat er sich immer wieder als Regisseur versucht, zuletzt diesen Sommer mit einer „Nacht in Venedig“ an authentischem Ort. Und dann ist da noch die Episode 1996/97 als singender Intendant des Metropol-Theaters, das während seiner Amtszeit geschlossen wird, allerdings nicht durch sein Verschulden. Ein Tausendsassa.

Und ein echter Livekünstler. Der Tenor René Kollo hat sich in die jüngere Aufführungsgeschichte am eindringlichsten eingeschrieben, wenn er gegen Ende eines langen Wagner-Abends alle Regeln des Schönklangs fahren ließ, um ganz in der Rolle aufzugehen, sich mit dem Helden in die finale Verzweiflung zu stürzen, filmrealistisch Tristans Delirium auf Burg Kareol oder Tannhäusers Zerknirschtheit in der Rom-Erzählung nachzuzeichnen, als rückhaltlos agierender Musiktheatermann. In diesen sängerischen Entäußerungen, diesen emotionalen Verausgabungen hat er sein gleißendes Stimmmaterial für das Publikum auf offener Bühne hingegeben.

„Selbstzweifel bilden die Kehrseite des hohen Anspruchs an sich selbst, zu dem sich eine gehörige Portion Selbstschutz gesellt. Das erklärt die Schwierigkeiten, die René bisweilen sich und anderen bereitet“, resümierte einst Götz Friedrich. Heute feiert der streitbare Tenor seinen 70. Geburtstag.

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