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Oper im Kino: Rossini und Popcorn

In fünf deutschen Großstädten war am Samstag erstmals die Live-Übertragung einer Oper aus der New Yorker Metropolitan Opera im Kino zu sehen.

München - Zu Beginn des weltumspannenden Opernabends schien es, als sollten sich alle Vorurteile über den Umgang der Amerikaner mit europäischer Hochkultur bestätigen. Statt Met-Intendant Peter Gelb erschien nämlich eine knallrot gewandete Blondine mit tiefem Dekolleté im Kostümfundus der New Yorker Metropolitan Opera, um mit aufgesetzter Lockerheit in breitem amerikanischen Englisch die Gäste der ersten globalen Live-Übertragung einer Oper zu begrüßen.

Die Stimmung bei diesem ungewöhnlichen Opernevent war bestens - auf der Bühne der New Yorker Met und im Saal des Münchner "Cinema", einem von fünf deutschen Kinos, die am Samstagabend eine Galavorstellung von Gioacchino Rossinis "Der Barbier von Sevilla" live via Satellit auf ihre Kinoleinwand beamten. Neben München konnten Opernfans in Karlsruhe, Köln, Nürnberg und Stuttgart dabei sein. Weltweit wurde die Aufführung in 150 Kinos übertragen mit schätzungsweise 65.000 Zuschauern.

"Schwellenängste abbauen"

Manche Zuschauer knabberten während der Vorstellung zwanglos Popkorn aus Riesenbechern, was in der Staatsoper undenkbar wäre. In einer normalen Kinovorstellung dagegen würde wohl kein Szenenapplaus gespendet, wie nach der Auftrittsarie des Grafen Almaviva. "Wir wollen mit dieser Übertragung Schwellenängste gegenüber der Oper abbauen", sagte Katja Raths von der Firma Clasart, die sich die deutschen Übertragungsrechte gesichert hatte.

Die im November entstandene Inszenierung des Rossini-Renners entsprach dem Ruf der Met als konservativer Musentempel. Regisseur Bartlett Sher hatte auf störende Modernisierungen verzichtet und Rossinis turbulente Erfolgsoper textgetreu als kracherte Schnallenschuh-Klamotte mit Slapstick-Einlagen inszeniert, bei der die Sänger ihren komödiantischen und vokalen Fähigkeiten freien Lauf lassen konnten.

Opern-Superstars live

Die Stimmen waren allerdings vom Feinsten, was die Opernwelt derzeit zu bieten hat. Allen voran Tenor-Superstar Juan Diego Flóres als Graf Almaviva, die brillante Koloratursopranistin Joyce DiDonato als seine angebetete Rosina und der schwedische Bariton Peter Mattei als listig-verschlagener Figaro.

In der Pause unterhielt die Met das Kinopublikum mit Backstage-Gesprächen. Die erinnerten, was Form und Inhalt anbelangt, verdächtig an kurzatmige Fußballer-Interviews nach einem Länderspiel. Am Ende der Pause begleitete eine Steadycam John Del Carlo als Doktor Bartolo und seinen tolpatschigen Diener beim Gang vom Schminkraum auf die Bühne.

Weitere Übertragungen geplant

Den Event nach Deutschland geholt hatte Herbert Kloiber, Chef der Tele München Gruppe. Er outete sich als großer Fan der Oper und bekannte, seine medialen Tätigkeiten ja eigentlich mit Klassik begonnen zu haben. Noch mit Herbert von Karajan, seinerzeit. "Für den wäre das heute ein großer Tag gewesen." Im Herbst soll es weitergehen mit den Live-Übertragungen, dann mit mehr Kinos. "Bislang ist das für uns noch ein Zuschussgeschäft", sagt Kloiber.

Technisch funktionierte, nach einer kurzen Warmlaufphase, alles reibungslos. Bild und Ton fanden gestochen scharf und lippensynchron über den Satelliten Sirius 2 zu den Satellitenschüsseln der deutschen Kinos. Als einziges Land hatte Deutschland statt der englischen deutsche Untertitel bekommen, die direkt aus New York eingespielt wurden. "Das ist besonders kompliziert", sagte Kloiber.

Die Motive der Zuschauer, sich Oper im Kino zu gönnen, waren vielfältig. Gisela Fäustel bekannte, noch nie in der Met gewesen zu sein. Sie wolle überprüfen, ob die New Yorker Oper wirklich so konservativ sei, wie immer gesagt werde. "Eigentlich mag ich lieber moderne Inszenierungen." Auch Anne Hammerschmidt und Sabine Rotenburg, zwei Hardcore-Opernfans aus München, waren sehr zufrieden mit dem Abend. Die Krankenschwestern sind das ganze Jahr unterwegs, um ihre Stars live zu erleben. "Hier konnte ich zum ersten Mal in der Met sozusagen in der ersten Reihe sitzen. Sonst haben wir immer Stehplätze ganz oben", sagte Rotenburg. (Von Georg Etscheit, ddp)

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