zum Hauptinhalt

Kultur: Rückblick: Rock

Sie schleichen auf die Bühne als würden sie einen muffigen Probenkeller betreten: hängende Schultern, verschlossene Minen, die Instrumente checken und los. Ohrenbetäubender Lärm, zwei Schlagzeuger bearbeiten Becken und Trommeln, und sobald die zwei Bassisten ihre Saiten berühren, dröhnt ein tiefes verzerrtes Gegrummel durch das volle ColumbiaFritz.

Sie schleichen auf die Bühne als würden sie einen muffigen Probenkeller betreten: hängende Schultern, verschlossene Minen, die Instrumente checken und los. Ohrenbetäubender Lärm, zwei Schlagzeuger bearbeiten Becken und Trommeln, und sobald die zwei Bassisten ihre Saiten berühren, dröhnt ein tiefes verzerrtes Gegrummel durch das volle ColumbiaFritz. Der Gitarrist weidet sich in jaulenden Rückkopplungen, mit denen er der verwehten Spur einer Melodie nachgeht. Das Stück heißt seltsamer Weise "Seneca" aber denen, die es spielen, wird nachgesagt, dass sie zur Musik eine philosophische Beziehung haben. Die Chicagoer Art-Rock-Band Tortoise ist ein Quintett mit wechselnden Mitgliedern. Ständig tauschen die Musiker Instrumente, spielen abwechselnd Vibraphon, Schlagzeug, Bass oder Keyboards, ohne dass erkennbar wäre, wer auf welches Instrument spezialisiert ist. Tortoise, das ist ein musikalisches Provisorium, das sich stilistisch zwischen den frühen Pink Floyd und den Mothers of Invention bewegt. Die gleiche Ambivalenz aus Chaos und Disziplin, Ironie und Ernsthaftigkeit. Ihre Stücke stecken voller interessanter Ideen: minimalistische Figuren, die langsam auseinander laufen, Bossa Nova- und Funk-Rhythmen, die in ungewöhnlich artistische Kontexte überführt werden. Man wünscht sich die Band unweigerlich auf eine Drehscheibe, als eine um die eigene Achse rotierende Spieluhren-Kapelle. Denn das Prinzip der Wiederholung, aus dem Doug McCombs und seine Mitstreiter elegische Songs entwickeln, hat etwas mechanisch Kühles. So haben Tortoise ihre letzte Veröffentlichung lakonisch "Standards" genannt - in Anspielung an jene populären Gassenhauer, die von Jazzmusikern ins Repertoire der Nachtclubs integriert wurden. Gebannt folgt das Publikum den verschlungenen Pfaden des scheinbar improvisierten Materials, freut sich, wenn die eingängigeren Songs früherer Platten erklingen. Tortoise spielen Riffs, kleine melodische Fragmente, die sie mit anderen Riffs verschränken. Nur selten schimmert von hinten etwas Größeres durch - ein melodischer Entwurf, der hoch hinaus will.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false