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Carina Kannelakis ist Erste Gastdirigentin des RSB.

© Marco Borggreve

Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin: Frauen setzten die Akzente

Die Dirigentin Karina Canellakis leitet beim Rundfunk-Sinfonieorchester ein vielseitiges Programm, Nicola Benedetti beeindruckt in Szymanowskis Violinkonzert.

Alexander Skrjabins „Poème de l’extase“ gibt dem Abend quasi das Motto vor: Er ist dem Klangrausch gewidmet, der in allen Farben schillernden Orchester-Opulenz. Mit seiner Ersten Gastdirigentin Karina Canellakis am Pult kann das Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin seine Vorzüge an Flexibilität und Präzision, an klangschönen Soli im ausgewogenen, üppigen Gesamtklang glänzend entfalten.

Das slawisch-französische Programm erkundet reizvolle Nebenwege abseits des deutsch-österreichischen Mainstreams zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Im Mittelpunkt steht das erste Violinkonzert von Karol Szymanowski, mitten im 1. Weltkrieg in Zurückgezogenheit auf dem Familiengut im heimischen Tymoszówka geschrieben, schwer französisch parfümiert mit orientalischer Gewürznote.

Zart und schneidend zugleich spielt Nicola Benedetti

Ein surrealistisches Gedicht voll Melancholie und Sinnlichkeit gab die Inspiration: „...im Tanz über Blumen und Seen – in verliebter Umarmung, verwirrt, ewig jung, heilig…“ Fast zu raffiniert ist die Instrumentierung, in gleißender Helligkeit diffus wie flirrendes Sommerlicht das fließende, ornamental verflochtene Klanggeschehen.

Aus rhythmisch geschärftem Klangteppich schält sich der lyrisch-intensive Ton der Solistin Nicola Benedetti heraus, in höchsten Regionen zart und zugleich schneidend wie ganz dünne Seidenfäden. Er setzt sich auch gegen dieses Riesenorchester immer durch, während die virtuosen Aktionen der charismatischen Geigerin heftige Konkurrenz von pathetischen Ausbrüchen oder auch munterem „Vogelgezwitscher“ bekommen.

Eine Entdeckung: Lili Boulangers "D'un soir triste"

Wie französisch dies alles ist, zeigt „D’un soir“ triste von Lili Boulanger, wenn auch die jung verstorbene Komponistin hier eine Todesgewissheit in düstere Klänge fasst. Der dunkel schimmernde Klangstrom ist von ehernen Paukenschlägen durchsetzt und löst sich dann versöhnlich auf – auch dieses Werk eine Entdeckung. „Chant funèbre“, Talentprobe des jungen Igor Strawinsky im Gedenken an seinen Lehrer Rimsky-Korsakow, zeigt sich in rollenden Bassfiguren von „Siegfrieds Tod“ aus Wagners „Götterdämmerung“ beeinflusst. Die Vorsicht, mit der Canellakis hier die ersten schattenhaften Klänge exponiert, gibt sie bei Skrjabin leider auf – hier schwelgt man im permanenten Höhepunkt, großartig zwar, doch ein paar durchhörbare, auch rhythmisch strukturierte Atempausen hätten dem Werk gutgetan.

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