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Donald Runnicles.

© Bettina Stöß

Runnicles dirigiert „Parsifal“ beim Musikfest: Gar nicht geheuer

Theaterluft in der Philharmonie mit Debussys "Pelléas et Mélisande" und Wagners "Parsifal". Donals Runnicles und das Orchester der Deutschen Oper sorgten beim Musikfest für Standing Ovations.

Theaterluft weht in der Philharmonie, die Töne scheinen den Raum zu verwandeln, während ein Konzertprogramm der Deutschen Oper das Publikum in märchenhafte Schlösser entführt. Erster Schauplatz ist das düstere Wasserschloss Allemonde, wo „Pelléas et Mélisande“ leidend ihren Weg gehen. In einem symphonischen Arrangement der Zwischenspiele von Marius Constant gelingt es dem Orchester der Deutschen Oper, die geheimnisvolle Stimmung des Musikdramas von Debussy in einer höchst konzentrierten Aufführung zu entfalten. Die Aura des Unheimlichen, Träumerischen, nicht Geheuren ist darin. Donald Runnicles dirigiert die Partitur mit einer Innenspannung, die es schwer macht, von der lyrischen Klangatmosphäre Abschied zu nehmen. Das bezeugt die Stille vor dem großen Pausenapplaus.

Dann taucht Klingsors Zauberschloss auf. Die Extravaganz, das Musikfest mit dem zweiten Akt „Parsifal“ zu bestücken, macht Sinn. Denn Richard Wagners Wirkung auf Debussy, Mahler, Schönberg gehört zum Thema, das die großen Orchester in diesen Tagen präsentieren.

Schuld und Sühne

„Amfortas! Die Wunde!“: Gellend fährt die Musik nieder, ein Höhepunkt der dramatischen Interpretation, auf die sich das Opernorchester mit seinem Chef Runnicles blendend versteht. Den mitleidvollen Titelhelden, „ihn schirmt der Torheit Schild“, singt Klaus Florian Vogt: Werktreu steigert sich sein sensibler Gesang, wenn Parsifal durch den Kuss Kundrys „welthellsichtig“ wird für Versuchung, Schuld und Sühne, für den ganzen verwickelten Zusammenhang des Dramas, das ihm das Ziel des Entsagens auferlegt. Vogts Lohengrin-Tenor fasziniert in seiner lyrischen Natur: „Erlöse, rette mich.“

Eine leidenschaftliche Evelyn Herlitzius als Kundry

Evelyn Herlitzius als Kundry wirft sich mit ganzer Leidenschaft in die komplizierteste Figur, die Wagner geschaffen hat. Die Gralsbotin ist die Büßende, missbraucht als „Höllenrose“, die versucht, Mitleid zu erregen, durch dessen Erfüllung sie der ewigen Verdammnis anheimfiele. Diese Widersprüche umfasst Herlitzius mit einem Impetus ohnegleichen, brillanten Riesensprüngen der Partie und rührenden Tönen im aussichtslosen Flehen um Parsifals Umarmung, „nur eine Stunde“. Das anfangs leicht irritierende Tremolo ihres Soprans verliert sich in dem vehementen Rollenbild.

Für Entdeckungen ist der junge Bassbariton Seth Carico gut: Vor Jahresfrist als Kassandra in Xenakis’ „Oresteia“, gibt er hier mit Präzision in Wort und Ton den Klingsor. Der ist zwar ein böser Zauberer, aber mit tragischem Hintergrund, wie der Sänger differenziert. Ovationen für einen mitreißenden Opernakt.

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