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Heine-Preis: Rüttgers greift Handke an

Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Jürgen Rüttgers hat die Vergabe des Heine-Preises an den Schriftsteller Peter Handke scharf kritisiert. "Für den Heine-Preis nicht preiswürdig ist, wer den Holocaust relativiert", sagte er.

Frankfurt/Main/Düsseldorf - Dagegen kritisierte die Chefin des Suhrkamp-Verlags, Ulla Unseld-Berkéwicz, das Vorgehen gegen den Autor ihres Verlages als einen «beispiellosen Akt».

Nach massiver Kritik an der Entscheidung der Heine-Preis-Jury hatte der Düsseldorfer Stadtrat am Dienstag angekündigt, die Vergabe des Preisgelds in Höhe von 50.000 Euro an Handke wegen dessen pro- serbischer Haltung zu verhindern.

Rüttgers stellte sich auf die Seite der Stadt. Es gehe nicht um das Werk Handkes als Poet und Literat. «Es geht um sein Verhalten in politischer Hinsicht.» Der Regierungschef stellte sich vor seinen Kultur-Staatssekretär Hans-Heinrich Grosse-Brockhoff, der an der Jury-Sitzung nicht teilgenommen hatte. «Verantwortlich für die Entscheidung, Peter Handke den Heine-Preis zuzuerkennen, sind diejenigen, die dafür gestimmt haben, und nicht diejenigen, die nicht mitgestimmt haben», sagte er.

Scharfe Kritik an dem geplanten Veto der Stadt äußerte Unseld- Berkéwicz: «Eine politische Institution beugt sich dem Druck einer Kampagne, die Peter Handke diffamiert. Wenn es nicht zu einem öffentlichen Aufschrei führt, dass einer der größten Dichter derart geächtet wird, ist das ein Zeichen für den drohenden Bankrott unserer Kultur.» Auch der deutsche PEN-Präsident Johano Strasser, obwohl gegen eine Preisvergabe an Handke, lehnte das Vorhaben des Stadtrats als politische Einmischung ab. Der Vorsitzende des Verbandes Deutscher Schriftsteller, Imre Török, erklärte im Deutschlandradio: «So problematisch diese Entscheidung jetzt vor uns steht, sie ist gefallen, und ich würde sie jetzt nicht mehr rückgängig machen.»

Die Schriftstellerkollegen und Landsleute des österreichischen Autors, Robert Menasse und Marlene Streeruwitz, griffen den Stadtrat scharf an. Menasse sagte der Nachrichtenagentur APA in Wien, der Streit sei ein «unglaublicher Skandal». Nach Meinung von Streeruwitz wäre eine Aberkennung der Auszeichnung «das Ende der Aufklärung» und «das Ende der Kunst, wie wir sie kennen».

Publizisten wie Ralph Giordano begrüßten hingegen das Ziel, die Auszeichnung Handkes zu verhindern. Giordano erklärte im Radiosender NDR-Kultur, Handke habe zu viel gesagt, was ihn eindeutig auf die serbische Seite stelle. Der Autor Tilman Spengler meinte in dem Sender, mit einer Preisvergabe an Handke täte man dem Namen Heines großen Schaden an. Der Literaturkritiker Hellmuth Karasek sagte zur Preisverleihung: «Ich denke, das darf man nicht machen.» Der Heine- Preis sei eine politisch-publizistische Auszeichnung und habe bei Handke nichts zu suchen. Die Gesellschaft für bedrohte Völker in Göttingen nahm den Plan des Stadtrates «mit Erleichterung» auf.

In einer Sitzung am 22. Juni will der Stadtrat über die Vergabe des renommierten Heine-Preises entscheiden. Der Preis wird «an Persönlichkeiten verliehen, die durch ihr geistiges Schaffen im Sinne der Grundrechte der Menschen, für die sich Heinrich Heine eingesetzt hat, den sozialen und politischen Fortschritt fördern, der Völkerverständigung dienen oder die Erkenntnis von der Zusammengehörigkeit aller Menschen verbreiten». Handke wurde bisher bereits unter anderem mit dem Gerhart-Hauptmann-Preis, dem Schiller- Preis, dem Büchner-Preis und dem Großen Österreichischen Staatspreis ausgezeichnet. (tso/dpa)

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