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Szene aus dem Macbeth-Stück bei den Festspielen in Salzburg.

© Salzburger Festspiele/Bernd Uhlig

Salzburger Festspiele: Fluch der Kinderlosigkeit

Enttäuschung: Krzysztof Warlikowski und Philippe Jordan kommen mit ihrem „Macbeth“ in Salzburg dem Rätsel des machthungrigen Paars nicht auf die Spur.

Von Regine Müller

Im Großen Festspielhaus ist ein düsterer Saal aufgebaut, auf dem Boden sind seltsame Markierungen aufgemalt. Im Programmheft kann man nachlesen, dass die Zeichen auf ein altes Ballspiel verweisen, das einst in Adelskreisen gepflegte Jeu de Paume, ein Vorläufer des heutigen Tennis. Was sagt uns das? Nichts, denn nichts nimmt später Bezug auf dieses Spiel.

An der hinteren Wand ist eine lange Bank aufgebaut wie im Wartesaal einer Bahnstation. Oben flimmert ein Video in Schwarzweiß: Ein Baby und eine Mutter in biblischer Landschaft. Maria? Auf der Bank sitzt rechts eine Frau, links ein Mann. Dann kommt von links ein Raum hereingefahren, in dem Menschen mit Blindenbinden Rätselhaftes orakeln. Dann fährt von rechts eine Arztkabine herein. Eine Videokamera begleitet die Frau, Lady Macbeth in die Kabine, auf einen gynäkologischen Stuhl. Die Diagnose ist fatal: Sie wird keine Kinder bekommen.

Mordlüstiges Paar mit Kinderwunsch

Die unerfüllte Sehnsucht, mit Kindern das eigene Weiterleben und damit die dynastische Macht zu sichern ist für Regisseur Krzysztof Warlikowski psychologischer Auslöser des brutalen Geschehens, zu dem das mordlüsterne Paar sich gegenseitig aufstachelt. Eine These, die aufgehen könnte. Tatsächlich aber verliert Warlikowski sich in einer Überfülle von Filmzitaten und Assoziationen in kleinteilige, parallel einander überbietende Details.

Es sollte ein Traumpaar werden, der in Salzburg bereits zweifach bewährte polnische Regisseur Krzysztof Warlikowski und die litauische Sopranistin Asmik Grigorian, seit ihrer Salzburger „Salome“ 2018 ein Weltstar. Aber die Rechnung will diesmal nicht aufgehen. Warlikowski, bekannt als Spezialist für düstere Stoffe kommt dem Rätsel des machthungrigen Paars nicht wirklich auf die Spur. Er zeigt vielmehr ein Gespann, dass sich öffentlich inszeniert wie die britischen Royals, häufig werden Zuschauertribünen hereingefahren, einmal sieht die Lady auch aus wie Fassbinders Lili Marleen.

Was sagt uns das? Immer wieder kommen Kinder ins Spiel. In weißer Unterwäsche stürmt eine Schar herein, wird gemordet und am Bühnenrand aufgereiht, später geistern Kinder mit Schwellköpfen und den Zügen des gemeuchelten Banco umher, im einem Horror-Video wird auf einem Silbertablett ein Baby an Brokkoli und Blumenkohl serviert.

Am Ende hantiert Macduff mit einer Pistole, erschießt Macbeth oder auch nicht und das Volk rottet sich zusammen zur Lynchjustiz. Auch die Lady scheint nicht tot zu sein, sondern zuckt konvulsivisch, gekettet an den Gatten. So wird aus vielen, allzu vielen Ideen kein stimmiges Konzept, der Abend produziert mehr oder weniger beliebige Wimmelbilder mit abgestandenen Horror-Effekten.

Auch die musikalische Seite des Abends reißt es nicht raus: Philippe Jordan hat das Dirigat vom eigentlich geplanten Franz Welser-Möst übernommen und kämpft anfangs mit erheblichen Koordinationsproblemen. Die Wiener Philharmoniker finden zwar streckenweise zur Bestform und angemessen fahlen Farben, aber es klappert häufig im Zusammenspiel mit Bühne und Chor.

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