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Gegenseitige Hilfe in der Tier- und Menschenwelt. Uorsin (Jonas Hartmann) mit Knuddelvieh.

© Aliocha Merker/Verleih

"Schellen-Ursli" als Film: Eins auf die Glocke 

„Schellen-Ursli“: Xavier Koller verwandelt das berühmte Schweizer Bilderbuch in einen Kinofilm.

Nach der Heidi, nun der Ursli. Die Schweizer sind derzeit eifrig dabei, ihre Nationalheiligen in hübsche Kinozwitter aus Kinderfilm und Heimatfilm für Erwachsene zu verwandeln. Im Dezember kam Alain Gsponers facettenreiche und auch beim Publikum erfolgreiche "Heidi"-Adaption mit einem selten knorzigen Bruno Ganz als Almöhi in die Kinos. Nun folgt eine Verfilmung des in der Schweiz nicht minder berühmten, 1945 erschienenen Bilderbuchs „Schellen-Ursli“. Regie führt Xavier Koller, der 1990 für „Die Reise der Hoffnung“ den Oscar für den besten ausländischen Film erhielt. Im Gegensatz zu Johanna Spyris zweibändiger "Heidi"-Geschichte hat die Geschichte vom Schellen-Ursli im Original jedoch beim besten Willen keine Spielfilmlänge, weswegen Drehbuchautor Stefan Jäger auch noch eine Freundschaftssaga zwischen dem Jungen und einem Wolf und das Sittengemälde seiner armen Alpbauernfamilie unterbringt. Das Motiv des Kinderbuchs, die Geschichte vom Engadiner Brauch des Chalandamarz-Umzugs, bei der die Kinder des Dorfes Guarda mit ihren Glocken den Winter austreiben, die kommt im Film erst ganz am Ende dran.

Käselaiber stürzen in die Schlucht

Erst mal freunden sich der freche Hütejunge Uorsin (Jonas Hartmann) und die kluge Sereina (Julia Jeker) im Spätsommer auf der Alm an, wo beider Eltern Kühe und Ziegen weiden und Käse machen. Beim Alpabzug ereignet sich ein Drama. Der Wagen mit den Käselaibern stürzt in eine Schlucht. Ein schlimmer Verlust für die Bauern, die nun im Winter am Hungertuch nagen und Schulden über Schulden beim Krämer haben. Der fiese Rotschopf wiederum entpuppt sich samt seinem ebenso gemeinen Sohn Roman in jeder Hinsicht als Widersacher von Uorsin. Sogar die große Glocke, mit der Uorsin den Kinderumzug anführen wollte, macht ihm der dicke Roman streitig. Stattdessen bekommt Uorsin die allerkleinste und wird als „Schellen-Ursli“ zum Dorfgespött. Eine Schmach, die kein stolzer Wolfsfreund auf sich sitzen lassen kann. Und wie Uorsin sich dann doch noch eine große Schelle besorgt, dass ist die veritable Action-Einlage in diesem alpenländisch gemütlich erzählten Kinostoff. Der alpine Natur- und Kulturraum hat große Auftritte: die Bergpanoramen sind winterlich prächtig und die Sgraffito-geschmückten Häuser so pittoresk wie die nicht näher spezifizierte Vergangenheit. Das gibt dem Film einen märchenhaften Ton, den manches Mädchen und mancher Junge als betulich empfinden werden. Ein bisschen mehr Tempo, ein paar mehr Konflikte kann auch das idyllische Engadin vertragen.

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