zum Hauptinhalt

Kultur: Sehnsucht nach dem Realen

Schon 1990/91 zeigte Barbara Weiss - noch zu Zeiten der Galerie Wewerka & Weiss - Knut Bayers temporäre Wandmalereien im Rahmen der Ausstellungsreihe "1,2,3"."Sieben Tage" ist nun ihre vierte Einzelausstellung des 1954 geborenen Berliners, Hödicke-Schülers und Mitbegründers der Künstlergalerie Shin-Shin.

Schon 1990/91 zeigte Barbara Weiss - noch zu Zeiten der Galerie Wewerka & Weiss - Knut Bayers temporäre Wandmalereien im Rahmen der Ausstellungsreihe "1,2,3"."Sieben Tage" ist nun ihre vierte Einzelausstellung des 1954 geborenen Berliners, Hödicke-Schülers und Mitbegründers der Künstlergalerie Shin-Shin.Bayers konzeptuelle Malerei steht im Zeichen der Medienanalyse.Seine künstlerische Auseinandersetzung gilt den veränderten Bedingungen der Wahrnehmung von Realität unter dem Stichwort Virtualisierung.

Bayer zeigt oft Arbeiten, die unspektakulär wirken und deren Kunstcharakter nicht sofort ins Auge springt.Seine neue Werkserie umfaßt sieben Hinterglasbilder.Helle, pastellfarbene und lasierende Farbschichten trägt er direkt auf die Rückseite spiegelnder Glasscheiben auf.Die changierenden Farbflecken erinnern an Landschaften, die in diffusen Farbnebeln verschwimmen.Bayers Bilder wirken wie verblassende Traumgebilde.Sie erscheinen als Projektionsflächen für etwas, das bereits im Entschwinden begriffen ist und so dem Auge des Betrachters entgleitet.Bayer zielt dabei auf die künstliche Rekonstruktion romantischen Naturempfindens.Doch arbeitet er in dem ernücherten Bewußtsein, daß die verklärte Sicht auf die Ursprünglichkeit der Natur unwiederbringlich verloren ist.Auch Natur ist längst zu einem medialen Konstrukt geworden.

Bei Bayers Malerei bleibt die streifige Struktur des horizontalen Farbauftrags sichtbar.Sie wirkt wie eine technische Bildstörung und läßt an die flimmernde Zeilenauflösung eines Fernsehmonitors denken.Seine Bilder kombiniert er jeweils mit direkt auf die Wand gepinnten Offsetlithografien: mittels Computer vom Fernsehmonitor auf transparente Filmfolie übertragene Standbilder aus Nachrichtensendungen (komplett 9000 DM).Die meisten Motive stammen aus Berichten über Naturkatastrophen.Auswahl und Ästhetik aber drängt Dramatik wie dokumentarischen Charakter der Ereignisse in den Hintergrund.Die spezielle Art der Wiedergabe entrückt die Wirklichkeit in die Sphäre des Scheinbaren, der Fiktion."Natürlich haben wir alle eine tiefe Sehnsucht nach dem Realen.Wir sind nicht einverstanden mit der rein virtuellen Welt.Wir sehnen uns danach, durch diese Glaswand zu brechen.Aber das Protestieren ist auch nur eine Szene im Drehbuch der Medien", heißt es bei Jean Baudrillard.Bayers neueste Arbeit spiegelt vergleichbare Überlegungen. EK

Galerie Barbara Weiss, Potsdamer Straße 93, bis 16.Januar; Dienstag bis Freitag 12-18 Uhr, Sonnabend 11-14 Uhr.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false