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Die Rentner-Gang mit Michael Caine (vorne).

© Studiocanal

Im Kino: "Ein letzter Job": Sie können es noch

Wenn alte Männer Juwelen stehlen: James Marsh' Gangsterfilm „Ein letzter Job“ mit Michael Caine.

Schauspieler genießen das Privileg, in ihren Rollen immer wieder das Gesetz brechen zu dürfen. Sie kommen damit nicht nur ungeschoren davon, sie haben sogar alle Sympathien auf ihrer Seite. Der Reigen der Alte-Männer-wollen’s-noch-malwissen-Filme setzt auf den Veteranen-Bonus. Clint Eastwood (88) spielte 2018 in „The Mule“ einen Blumenhändler, der Karriere als Drogenkurier macht; Robert Redford (82) ist derzeit in „Old Man & The Gun“ als Bankräuber zu sehen ist, in seiner angeblich allerletzten Rolle. Und nun Michael Caine, 86.

Erst 2017 hat er in „Abgang mit Stil“ gemeinsam mit Morgan Freeman (81) und Alan Arkin (85) eine Bank überfallen. In der Komödie geben die drei Herren dem Geldhaus eine Mitschuld an ihren ausbleibenden Pensionsschecks, was ihre kriminelle Energie mobilisiert. Wenn Caine in „Ein letzter Job“ jetzt ein Juwelendepot um 200 Millionen Pfund erleichtert, geschieht das ganz ohne sozialkritische Legitimation: Seine Figur ist einfach angeödet vom Rentnerdasein. Also schart er vier in die Jahre gekommene Kollegen und einen „Jungspund“ von Mitte dreißig um sich, um das ganz große Ding zu drehen.

Ein diffuses Gefühl

Das diffuse Gefühl so manchen Zuschauers, mit der Altherrenriege schon das halbe Leben zu teilen, gerinnt dabei zur Gewissheit: Für Momente steht der junge Michael Caine auf der Leinwand in all seiner Coolness, schmal geschnittener Anzug, eiskalter Blick – Bilder aus „The Italian Job“ von vor 50 Jahren. In kurzen Rückblenden wird die Vergangenheit des Schauspielers zu der seiner Filmfigur. Keine ganz neue Idee, auch in Redfords Bankräuberfilm gibt es eine Einstellung aus „Ein Mann wird gejagt“ von 1966.

Große Sympathien für seine Einbrechertruppe weckt der Film nicht gerade. Dabei nimmt er sich zunächst Zeit für die Neckereien unter den Gangstern und die obligatorischen Anspielungen auf deren Gebrechen, einen peinlichen Schwimmhallen-Moment inklusive. Der eigentliche Coup, ein wahrer Fall aus dem Jahr 2015, geht relativ früh über die Bühne – ohne Fassadenklettereinlagen und Computeraufwand. Die Herren kümmern sich wenig um die Überwachungskameras, mokieren sich über den jungen Kollegen (Charlie Cox), der Perücke und Schiebermütze trägt, um unerkannt zu bleiben.

Unter der faltigen Oberfläche

James Marsh, Regisseur der Stephen-Hawking-Filmbiografie „Die Entdeckung der Unendlichkeit“, will eine eher stille Geschichte erzählen. Er zeigt, wie schwierig es für eine Rentnergang ist, in einer durchtechnisierten Welt noch als Verbrecher zu funktionieren, und wie unheilvoll es beim Verteilen der Beute wird. Unter der faltigen Oberfläche lauern Niedertracht und Gewalt. Besonders bei Jim Broadbent, sonst eher der freundliche Kauz, flackert es wunderbar bedrohlich.

Leider fehlt Marsh der Mut zur Behäbigkeit, er hält sich lieber an das Handbuch für klassische heist movies: Halsbrecherisch geschnittene Passagen gaukeln Rasanz vor, die der Plot und die eher hüftsteifen Figuren nicht einlösen. Dazu noch ein paar Sixties-Hits – „Ein letzter Job“ spielt schließlich in London – und eine immer wieder losdonnernde Filmmusik von Benjamin Wallfisch. Da ist es beruhigend, dass der Film nicht Michael Caines letzter Job ist: Seine nächsten drei Leinwandauftritte sind schon in Arbeit.

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