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So kann’s gehen: Muss ich zu der Hochzeit fahren?

Immer wieder sonntagsfragen SieElisabeth Binder

Meine Nichte heiratet und hat mich eingeladen. Allerdings findet die Trauung ohne die Familienangehörigen statt, und man soll schon ein halbes Jahr vorher schriftlich mitteilen, was man abends essen möchte. Man soll in einer Jugendherberge übernachten und mittelalterliche Kleidung tragen. Muss ich da hin?

Die Unsitte, dass man sich Monate vor einer Hochzeit fürs Menü entscheiden muss, verbreitet sich leider immer mehr. Die Entschuldigung, dass kostenbewusste Restaurantbesitzer so was diktieren, kann man zwar gelten lassen. Trotzdem läuft man Gefahr, ungastlich zu wirken. Etwas anderes ist es, wenn man darum bittet, dass Vegetarier oder Diätgeplagte sich beizeiten outen. In der Summe klingen die zusätzlichen Bedingungen, die Sie da auflisten, tatsächlich nicht sehr lustfördernd. Zwar kann es auch, wenn man Komfort gewöhnt ist, Spaß machen, mal wieder in einer Jugendherberge zu übernachten und sich für ein Kostümfest zu verkleiden. Wer einen weiten Weg auf sich nimmt, möchte dann aber natürlich auch die Trauung miterleben. Wenn Sie keine Lust haben, sich auf so viele Einschränkungen einzulassen, können Sie guten Gewissens absagen. Sie müssen sich auch keine großen Entschuldigungen einfallen lassen. Sagen Sie einfach, dass Sie noch nicht genau wissen, worauf Sie im August Appetit haben, dass Sie dem besten Jugendherbergsalter schon entwachsen sind und mittelalterliche Kostüme ungemütlich finden. Und fragen Sie, ob sich das Paar etwas wünscht von Ihnen. Dann kommt niemand auf die Idee, Sie könnten beleidigt sein. Ist der Wunsch, der dann geäußert wird, zu unverschämt, können Sie sich immer noch eine Alternative einfallen lassen. Nur weil Leute heiraten, haben sie nicht das Recht, die Verwandtschaft zu tyrannisieren. Je ehrlicher man das zum Ausdruck bringt, desto besser ist es für alle Beteiligten.

Bitte schicken Sie Ihre Fragen mit der Post (Der Tagesspiegel, „Immer wieder sonntags“, 10876 Berlin) oder mailen Sie diese an:

meinefrage@tagesspiegel.de

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