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So kann’s gehen: Wie kommen wir heil nach Hause?

Immer wieder sonntags fragen SieElisabeth Binder. Heute: Wie sagt man jemanden taktvoll, dass er zu viel getrunken hat, um noch zu fahren?

Wir waren eine Stunde mit dem Zug zu einer Geburtstagsfeier gefahren. Dort bot ein Arbeitskollege an, uns mit dem Auto zurückzufahren. Wir nahmen zunächst an, aber im Laufe des Abends trank er deutlich zu viel Alkohol. Wir haben uns nicht getraut, ihm das zu sagen, es auf der Autobahn aber sehr bereut, weil er mit extrem hoher Geschwindigkeit dauerhaft auf der Überholspur fuhr.

Es ist schwer, jemandem taktvoll etwas zu vermitteln, wenn er gerade betrunken ist. Er könnte leicht ausfallend werden oder Dinge falsch verstehen. Andererseits sollte man nicht leichtfertig sein Leben riskieren, und das haben Sie ja offensichtlich getan. Auch wenn es nur ein flüchtiger Kontakt ist, den Sie zu Ihrem Arbeitskollegen haben, wäre es richtig gewesen, ihn darauf aufmerksam zu machen, dass er auch sein eigenes Leben riskiert. „Ich glaube, wir haben alle schon zu viel getrunken. Wir möchten deshalb doch lieber mit der Bahn fahren.“ Das ist ein Satz, der nicht kränkend oder belehrend wirkt, aber doch zu denken gibt. Sie sagen ihm ja nicht, dass er bitte auch mit dem Zug fahren soll, zeigen aber Problembewusstsein. Wenn Sie noch verbindlicher sein wollen, könnten Sie hinzufügen, dass Sie nicht einen Umweg verschulden möchten, der den Kollegen womöglich in eine Polizeikontrolle führt, die den Verlust des Führerscheins zur Folge haben könnte. Gehen Sie offen und realistisch mit seinem Zustand um, aber vermeiden Sie es, vorwurfsvoll zu klingen.

Fürchten Sie bitte nicht, als Feiglinge dazustehen oder unhöflich zu wirken. Es ist nur vernünftig, ein solches Angebot auszuschlagen. Ist er uneinsichtig, liegt es dann wenigstens nicht an Ihnen, dass der nächtliche Straßenverkehr um eine Gefahr reicher ist. Bestenfalls schließt sich der Kollege Ihnen an und nimmt ebenfalls den Zug. Oder er sucht sich einen nüchternen Gast, der ihn nach Hause chauffieren mag.

Bitte schicken Sie Ihre Fragen mit der Post (Der Tagesspiegel, „Immer wieder sonntags“, 10876 Berlin) oder mailen Sie diese an:

meinefrage@tagesspiegel.de

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