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So kann’s gehen: Wie kritisiere ich richtig?

Kürzlich hatte ich mich in einer Mitarbeiterbesprechung mal etwas kritisch befasst mit der Art, wie eine Kollegin mit unseren Kunden umspringt. Daraufhin war sie sehr beleidigt und fragte, warum ich ihr das nicht direkt gesagt hätte.

Kürzlich hatte ich mich in einer Mitarbeiterbesprechung mal etwas kritisch befasst mit der Art, wie eine Kollegin mit unseren Kunden umspringt. Daraufhin war sie sehr beleidigt und fragte, warum ich ihr das nicht direkt gesagt hätte. Und dass ich auch nicht zu ihrem Dienstjubiläum zu kommen brauche, wenn mir ihr Ton nicht passe.

Oh je, das riecht ja doch sehr streng nach beleidigter Leberwurst. Von beiden Seiten. Der Einwand der Kollegin, dass Sie erstmal mit ihr selber hätten reden können, ist nämlich völlig richtig. Wenn es Ihnen allein daran gelegen wäre, ihren Ton zum Wohle der Kunden und also auch des ganzen Unternehmens ein wenig zu mildern oder sonst wie zurechtzubiegen, hätte das ja völlig ausgereicht. Oder wenn es nicht ausgereicht hätte, und Sie nach einiger Zeit der Beobachtung zu dem Schluss gekommen wären, dass offenbar härtere Geschütze notwendig sind, um die Kollegin wieder auf die Spur zu bringen, hätten Sie das dann immer noch in größerer Runde zur Sprache bringen können. So aber, wie Sie gehandelt haben, liegt leider der Verdacht auf der Hand, dass es Ihnen weder um die Kollegin noch um die Kunden oder gar das Unternehmenswohl ging, sondern ganz alleine um sich selbst. Womöglich wollten Sie sich, vielleicht auch im Hinblick auf die nächsten Gehaltsverhandlungen, einfach ein bisschen profilieren und haben eine echte oder vermeintliche Schwäche der Kollegin nur ausgenutzt, um den anderen zu zeigen, was für ein völlig durchblickender, um alle besorgter toller Hecht Sie selber sind. Das hat die Kollegin vermutlich durchschaut.

Falls es so ist, loben Sie sie bitte vor allen anderen, sobald sich auch nur der kleinste Vorwand zeigt. Vielleicht fragen Sie sogar, ob Sie nicht trotzdem zum Jubiläum kommen dürfen. Ist sie huldvoll einverstanden, bringen Sie bitte ein extradickes Geschenk mit.

Bitte schicken Sie Ihre Fragen mit der Post (Der Tagesspiegel, „Immer wieder sonntags“, 10876 Berlin) oder mailen Sie an meinefrage@tagesspiegel.de

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