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Universität der Künste: Sommertheater mit Tiefgang

Der Studiengang Gesang/musiktheater der UdK zeigt mit "Trois Femmes" drei Kurzopern, in denen weibliche Heldinnen im Mittelpunkt stehen.

Wen würden Sie bevorzugen: die temperamentvolle, gefährlich schlagkräftige Angélique, die lebenslustige, hinterhältige Conception oder jene Namenlose, die mit Selbstzerstörung kokettiert? Richtige Opernheldinnen, Identifikationsfiguren sind sie alle drei nicht, die hier auf der Bühne der Universität der Künste stehen, „Trois Femmes“ aus französischen Einaktern des frühen 20. Jahrhunderts. Zu sehr sind sie in ihre Schwächen und Sehnsüchte verstrickt, Alltagsmenschen, mit Sarkasmus oder bestenfalls liebevoller Ironie betrachtet. Unter der Regie von Frank Hilbrich macht der Studiengang Gesang/Musiktheater der UdK daraus federleichtes Sommertheater mit Tiefgang.

Eine „Farce“ nannte Jacques Ibert sein Operchen „Angélique“, 1927 unter viel Gelächter mit seinem Librettisten Nino konzipiert. Viel Porzellan darf Heejin Park auf der mit grauweißen Stelen bestückten Bühne von Seongji Jang zerschlagen, mit ihrem kraftvollen Sopran und immer einsatzbereitem Wischmopp ihren trotteligen Ehemann Boniface (Jonas Böhm) traktieren. Ein Energiebündel, mit dem selbst der Teufel nicht fertig wird (Iurii Iuskevich im Feuersalamanderkostüm). Im Duett mit Beomjin Kim steigert sie sich zu einer wunderbaren Parodie auf italienischen Belcanto. Die Stelen sind eigentlich Reihenhäuser, aus denen heraus die Nachbarn das Geschehen scharf beäugen, in wunderbar spießigen 60er-Jahre-Kostümen von Alice Fassina und Maja Aurora Svartåker.

Errico Fresis treibt das UdK-Symphonieorchester zu glutvollen Klängen an

In Maurice Ravels „Heure espanole“ mutieren sie zu sargähnlichen Uhrenkästen, in denen Conception (Karina Repova) ihre Liebhaber vor ihrem eifersüchtigen Ehemann versteckt. Georg Drake als hinkender Uhrmacher Torquemada, dem Coppelius aus Hoffmanns „Sandmann“ ähnelnd (für Ravel damals tatsächlich ein Opernstoff), lädt nun wahrhaftig nicht zur Liebe ein. Auch der ewig dichtende Student Gonzalve (komisch-verträumt: Beomjin Kim) oder der ungelenke Bankier Gomez (Israel Martins) erweisen sich als untauglich, weniger der kräftig-sensible Maultiertreiber Ramiro (Böhm). Alle Beteiligten vereinen sich zum Schluss in einem grandiosen Quintett, das alle moralischen Fragen offen lässt.

Zu glutvollen Klängen treibt Errico Fresis das UdK-Symphonieorchester an, vorbildlich koordiniert mit Spielfreude, Beweglichkeit und vokalem Vergnügen auf der Bühne. Eine Meisterleistung gelingt Antje Bornemeier in Francis Poulencs „La voix humaine“, als verlassene Frau im zerrissenen Hemd des Ex mit dem Telefon und sich selbst im vielfach unterbrochenen Gespräch, den Zuschauer alle Nuancen von Angst und Hoffnung, verzweifelten Täuschungsmanövern und ihrem Zusammenbruch durchleben lassend – großes Musiktheater.

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