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Etta James.

© dpa

Soul: Don’t Cry Baby

Das Leben hat ihr nichts geschenkt, aber sie hat der Musik vieles geschenkt.Jetzt ist die große Soul-Sängerin Etta James im Alter von 73 Jahren gestorben.

Es war ein wunderschönes Bild, als Barack und Michelle Obama vor drei Jahren den ersten Tanz beim Amtseinführgsball zu „At Last“ tanzten – live gesungen von Beyoncé. Bekannt gemacht hatte das Stück 1961 Etta James, die wütend auf die Performance zu Ehren des ersten schwarzen US-Präsidenten reagierte. Sie drohte Beyoncé sogar Schläge an, entschuldigte sich allerdings später.

Damals war die Soul-Diva – Vorbild von Sängerinnen wie Janis Joplin und Adele – bereits 71 Jahre alt und noch immer erfüllt von der Leidenschaft und Kraft, die ihren Gesang stets so mitreißend gemacht hatten. Ihre Stimme elektrisierte Johnny Otis bei einer Probe in San Francisco auf Anhieb. Er gab der damals 16-Jährigen, die ihm erzählt hatte, dass sie bereits 18 sei, einen Plattenvertrag und nahm mit ihr den Song „Roll With Me Henry“auf. Die Antwort auf Hank Ballards Hit „Work With Me Annie“ (später „Wallflower“), war 1955 Etta James’ erster Charterfolg.

Sie kam am 25. Januar 1938 in Los Angeles mit dem Namen Jamesetta Hawkins zur Welt. Ihre Mutter war eine 14-jährige Schwarze, ihr Vater ein unbekannter Weißer. Sie kam zu Adoptiveltern und begann mit fünf Jahren im Gospelchor zu singen. Als ihre Adoptivmutter starb, nahm die leibliche Mutter, eine Prostituierte, die 12-Jährige zu sich nach San Francisco. Weil sich niemand richtig um sie kümmerte, kam James schnell mit Alkohol und Drogen in Kontakt.

Im Jahr 1959 unterschrieb sie bei Argo, einem Unterlabel der renommierten Chess-Records-Gruppe in Chicago, deren erster echter Soul-Star sie war. Mit „All I Could Do Was Cry“, „Trust In Me“, „Something’s Got A Hold On Me“, „Don’t Cry Baby“ und dem besagten „At Last“ hatte James Anfang der Sechziger mehrere Hits. Die Triumphe waren jedoch überschattet von ihrer Heroinabhängigkeit und ihren unglücklichen Liebesbeziehungen.

Labelchef Leonard Chess hielt dennoch an ihr fest und versuchte, sie zu einer zweiten Aretha Franklin aufzubauen. So ließ er Etta James 1967 eine Platte in den Fame Studios von Muscle Shoals aufnehmen: genau da, wo Franklin ihr Nummer-eins-Album „I Never Loved A Man (The Way I Love You)“ eingespielt hatte. Das grandiose „Tell Mama“ brachte Miss Peaches – Ettas Spitzname seit Teenagertagen – wieder zurück in die Charts.

So wild und traurig es in ihrem Leben und in ihren Liedern zuging, ließ Etta James sich doch nie unterkriegen. Auf Entziehungskuren und Gefängnisaufenthalte folgten Tourneen, Comebacks – und neue Abstürze. Bis zuletzt nahm sie Platten auf. „The Dreamer“, das Abschlussalbum ihrer langen Diskografie, erschien noch im vergangenen November. Am Freitag erlag Etta James fünf Tage vor ihrem 74. Geburtstag und drei Tage nach dem Tod ihres Endeckers Johnny Otis in Los Angeles einer Leukämie-Erkrankung. Nadine Lange

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