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Kultur: Statt-Schloss-Park: Wir haben doch so viel Zeit

So hat doch alles seine Ordnung: Ein Mensch benötigt ein Haus um darin zu wohnen, zu arbeiten, zu repräsentieren, was auch immer. Solch einen Menschen nennt man Bauherrn.

So hat doch alles seine Ordnung: Ein Mensch benötigt ein Haus um darin zu wohnen, zu arbeiten, zu repräsentieren, was auch immer. Solch einen Menschen nennt man Bauherrn. Der Bauherr hat das notwendige Geld und sieht sich nach einem geeigneten Grundstück um. Er wählt einen Architekten und lässt sich ein zeitgemäßes, für seine Zwecke geeignetes Haus bauen.

In jüngerer Zeit wird diese Ordnung häufig auf den Kopf gestellt, und deshalb ist es um die Baukultur schlecht bestellt. Etwa, wenn der Bauherr kein Mensch, sondern eine anonyme Gesellschaft ist. Wenn es einen Menschen, aber kein Geld, keinen Bedarf und kein Grundstück gibt, aber den Willen, mit einem Haus Geld zu machen. Wenn kein Geld da ist und es erst durch den Bau gewonnen werden soll. Wenn es ein Grundstück gibt, aber keinen Bedarf für ein Haus. Wenn es einen Entwurf gibt, aber niemand weiß, wofür.

In Berlin hat man eine große, namhaft besetzte Kommission begründet, die darüber nachdenken soll, wie man ein solchermaßen aus der Ordnung geratenes Unterfangen doch noch in Ordnung bringen kann. Die Schlossplatzkommission. Sie soll nun eine Nutzung finden, wo man keinen Bauherrn, kein Geld, aber ein Grundstück und gar schon einen Entwurf hat.

"Wozu die Eile, wir haben doch so viel Zeit!", kommentierte der hochbetagte Julius Posener den aufgeregten Aktionismus um das Schloss schon vor Jahren. Er dachte nicht an sich, seine Befindlichkeit Berlins betreffend, er dachte an Berlin, und er dachte in geschichtlichen Dimensionen, nicht in Legislaturperioden. Einen Garten möge man an Stelle des Schlosses anlegen, denn: "Es ist natürlich in höchstem Maße wünschenswert, dass an dieser Stelle einmal ein Gebäude von großer Wichtigkeit stehen möge: etwas Lebendigeres als das verlassene Kaiserschloss. Wir wissen noch nicht recht, was das sein soll. Lassen wir uns Zeit."

Garten und Moratorium werden nun aufs Neue von der Galerie Aedes ins Gespräch gebracht. Wie der Central Park in Manhattan, wie der Hyde Park in London oder die Tuilerien in Paris könnte ein zentraler Park das Vakuum zwischen Alexanderplatz und Linden mit Leben füllen. Christoph Ingenhoven aus Düsseldorf verleiht der Idee des Grünzugs im Zentrum der Stadt Gestalt. Sein Park erstreckt sich vom Kupfergraben bis zum Fernsehturm, geht also vom Abriss des Palasts der Republik aus und schließt das Marx-Engels-Forum mit ein. Der Park soll eine Denkpause überbrücken, "an dessen Ende eine Neubebauung des Schlossareals mit einer wirklich sinnvollen, notwendigen und angemessenen Nutzung stehen könnte - oder eine Entscheidung für die dauerhafte Beibehaltung des Parks." Es kann ja nicht ausgeschlossen werden, dass die Berliner ihren "Statt-Schloss-Park" ins Herz schließen. Parallel zur Ausstellung veröffentlicht die Galerie Aedes einen "Aufruf zu einem Moratorium", der sich gegen die vorschnelle Entscheidung für einen Wiederaufbau des Schlosses wendet und für eine Denkpause eintritt, um die sich abzeichnenden "mediokren, mutlosen Kompromisslösungen" zu vermeiden. Der Text bündelt die wichtigsten Argumente, die gegen einen Wiederaufbau sprechen, politische, historische, städtebauliche, ästhetische und kommt zur Feststellung, es gebe "keinen Anlass, den Schlossplatz möglichst rasch nur irgendwie zu füllen". Jetzt bauen heiße auch, einer späteren Generation Chancen zu nehmen, dort eine angemessene Nutzung unterzubringen.

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