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Kultur: Stolz der Steine

Knapp hundert Bewerber um Architektur-Trophäe

Die Auslober waren selbst überrascht, wie viele Kandidaten sich um den Architekturpreis Berlin bewarben. Knapp hundert Bauwerke hatte die fünfköpfige Jury – bestehend aus den Architekten Martha Schreieck, Dietrich Fink, Marina Stankovic sowie dem Architekturkritiker Benedikt Loderer und Ausstellungsmacher Jan Hoet – zu bewerten. Eine unerwartet hohe Zahl an Arbeiten, so Klaus Zillich vom Verein Architekturpreis Berlin gestern bei der Bekanntgabe des Siegers in der Akademie der Künste am Hanseatenweg. Seit 1989 wird der Preis vergeben; die letzte Ehrung liegt drei Jahre zurück. In Zeiten schwacher Baukonjunktur hatte man mit weit weniger Eingaben gerechnet. Der Besucheransturm – über tausend Anmeldungen – bei der Verleihung am Abend bekräftigt das Interesse an dieser Trophäe, die nicht mit Preisgeld, sondern nur mit einer am Gebäude angebrachten Bronzeplakette verbunden ist.

Dennoch ist diese offizielle Anerkennung begehrt, würdigt sie doch nicht nur den Architekten, sondern auch den Bauherrn. So nutzte Senatsbaudirektor Hans Stimmann, dessen Behörde die Schirmherrschaft für den Preis übernommen hat, die Gelegenheit, sich selbst an die Brust zu schlagen. Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung war nicht nur Bauherr der mit dem Hauptpreis prämiierten Bibliothek Norman Fosters, sondern ebenso bei drei der sieben zusätzlich ausgezeichneten Werke: beim Olympiastadion, der Akademie der Künste sowie der Feuer- und Polizeiwache. Für die Realisierung des Holocaust-Denkmals zeichnete sie außerdem verantwortlich. Auch in Zeiten knapper finanzieller Ressourcen präsentiere sich Berlin mit seinen öffentlichen Bauten als „Stadt der Architektur“, so Stimmann.

Wer die acht Preisträger Revue passieren lässt, wird allerdings feststellen, dass es sich fast durchweg um Umbauten, Ergänzungen und Neugestaltungen im Sinne einer kritischen Rekonstruktion handelt, mögen sie auch noch so sehr wie Solitäre erscheinen. Das gilt für die neue Akademie der Künste, die sich in eine historische Platzanlage einfügt, ebenso wie für das Hotel Concorde, das sich als Blockecke an den umgebenden Bauten orientiert. Vor diesem Hintergrund verwundert es auch nicht, dass der ebenfalls als Bewerbung eingereichte neue Hauptbahnhof keine Auszeichnung erhielt. Wobei schiere Größe ohnehin kein Auswahlkriterium darstellt; selbst ein Toilettenhäuschen befand sich unter den Aspiranten auf den Preis.

Christine Edmaier, Vorsitzende des Landesverbands Berlin beim Bund Deutscher Architekten (BDA), zeigte sich mit der Jurywahl jedenfalls zufrieden. Erst am Vortag hatte der BDA-Bundesverband die Ausschreibung eines bundesweiten Architektenpreises beschlossen, der sich aus den in den Ländern ausgezeichneten Bauten rekrutiert und im Juni kommenden Jahres in Kassel verliehen werden soll. Mit Fosters Bibliothek als Kandidat verspricht sich der Berliner Landesverband schon jetzt gute Chancen. Der Sieger erhält dann die „Goldene Nike der Architektur“, dem Film-Oscar vergleichbar. Aber um die Schönheit des Preises – ob Bronzeplakette oder Goldstatuette – geht es ja nicht. Auf die Ehre kommt es an.

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