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Die Rolling Stones, Charlie Watts (l-r), Ron Wood, Keith Richards und Mick Jagger bei der Eröffnung der Berlinale 2008.

© DPA/Jens Kalaene

Februar ohne Berlinale - Unsere Serie (1): Stoned again

Eigentlich wäre an diesem Donnerstag Berlinale-Start. Wir verkürzen das Warten aufs Publikumsfest im Juni, erinnern uns - und empfehlen täglich einen Berlinale-Film für zuhause.

Es geht nicht anders, die Berlinale fällt erstmal aus. Keine tollen Tage wie geplant vom 11. bis 21. 2., kein Kino satt, keine Stars. Stattdessen hier die schönsten, verrücktesten Festivalerinnerungen. Heute: die Eröffnungsgala.

Stille ist im Saal des Berlinale-Palasts eingekehrt, alles lauscht Katrin Bauerfeinds launiger Einleitung des Galaabends. Nur auf einigen Sitzen rechts im Parkett, nahe dem hinteren Eingang, drehen Zuschauer irritiert die Köpfe. Geplapper einer offenbar aufgekratzten Männerrunde ist durch die verschlossene Tür zu hören. Kann bitte mal jemand für Ruhe… Aber schon öffnet sich die Tür für die Hauptpersonen des Abends: Mick, Keith, Ron und Charlie, schließlich „Marty“ Scorsese, der Regisseur des Eröffnungsfilms über die Rolling Stones, „Shine A Light“. Beifall brandet auf , die Zuschauer am Eingang sind augenblicklich besänftigt: Näher würden sie den Stones niemals kommen.

So eine Berlinale-Gala bietet eben immer auch Sensationelles, nie Gesehenes, das mit dem doch recht rituellen Glamour versöhnt. Mögen die üblichen Verdächtigen der hiesigen Filmszene das Bild des Abends prägen und die weniger Glamourösen im Blitzlichtgewitter sich aufspielen, als erwarte sie gleich ein Oscar – wann bekommt man schon mal, wie an jenem 7. Februar 2008, Neil Young mit Sherlock-Holmes-Mütze statt verbeultem Cowboyhut zu sehen? Oder Patti Smith, frisch gekämmt?

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Was an den eingeschliffenen Gewohnheiten freilich nur wenig ändert. Gewiss, empört klingelnde Radler, die einst vor dem Zoo Palast selbst an Galaabenden auf ihren freien Radweg pochten und sich durch die Premierengäste pflügten, sind am Potsdamer Platz nicht mehr zu befürchten. Wobei die Tradition der Klein- und Kleinstdemos , sei es gegen den Irakkrieg, gegen Genitalverstümmelung oder gegen den Bildungsnotstand, zu so einer Berlinale-Eröffnung natürlich dazugehört. In diesem Jahr wären wohl die Corona-Leugner dran gewesen.

Obligatorisch auch die Mischung aus dem Auge schmeichelndem Paillettenschimmer und Politikersuada, letztere gern ein Lobpreisen der eigenen, im Festival gipfelnden Kulturarbeit samt Beschwören der künstlerischen Freiheit und ihrer Bedeutung für die Demokratie. Routineübungen, aber gelegentlich dennoch ergreifend und erschütternd, etwa im vergangenen Jahr bei der Schweigeminute für die Toten von Hanau oder 2011, als der Stuhl des in seiner Heimat verfolgten iranischen Regisseurs Jaffar Panahi leer bleiben musste. So wurden ihm eben aus der Ferne Standing Ovations zuteil, vom Parkett bis zum obersten Rang: ein Saal der Solidarität.
FILMTIPP: „Shine A Light“ (2008)
Martin Scorseses Konzertfilm mit den Stones gibt es als Stream u.a. auf Amazon, Google Pay und Youtube . Der beste Satz darin stammt vom Regisseur selbst: „We cannot burn Mick Jagger“.

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