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Kultur: Streit um Stasi-Akten: Recht vieldeutig

Joachim Gauck dürfte auf Otto Schily schlecht zu sprechen sein. Dessen Vorstoß, die Kohl-Akten nicht herauszugeben, ist nichts anderes als ein hartes Urteil über die Arbeit des früheren Bundesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen: Er, Gauck, soll jahrelang das Gesetz missachtet haben - das ist die Konsequenz aus Schilys Worten zur umstrittenen Rechtslage.

Joachim Gauck dürfte auf Otto Schily schlecht zu sprechen sein. Dessen Vorstoß, die Kohl-Akten nicht herauszugeben, ist nichts anderes als ein hartes Urteil über die Arbeit des früheren Bundesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen: Er, Gauck, soll jahrelang das Gesetz missachtet haben - das ist die Konsequenz aus Schilys Worten zur umstrittenen Rechtslage.

Der Bundesinnenminister meint, Stasi-Informationen über bekannte Menschen, die selbst von der Stasi ausgehorcht worden sind, dürften nicht an die Öffentlichkeit gelangen. In der Sprache des Unterlagen-Gesetzes: "Für die historische Aufarbeitung stellte der Bundesbeauftragte Unterlagen mit personenbezogenen Informationen über Personen der Zeitgeschichte zur Verfügung, soweit sie nicht Betroffene sind", heißt es im Paragraph 32. Und "Betroffene" sind "Personen, zu denen der Staatssicherheitsdienst aufgrund zielgerichteter Informationserhebung Informationen gesammelt hat." Weil die Stasi so gut wie jede "Person der Zeitgeschichte" - gerade auch im Westen - bespitzelt hat, müsste die Akten-Behörde all diese Erkenntnisse unter Verschluss halten.

Otto Schily weiß nicht nur den Wortlaut hinter sich, sondern auch ein Gutachten des Berliner Staatsrechtlers Philip Kunig. Die Gegenposition - und bisherige Praxis, auch unter der neuen Behördenchefin Birthler: Das Unterlagen-Gesetz sieht gerade die Herausgabe von Akten vor und nicht deren Unterdrückung, anders könne die DDR-Diktatur nicht wirksam durchleuchtet werden. "Personen der Zeitgeschichte" würden deshalb nur eingeschränkt geschützt. Marianne Birthler weiß nicht nur zehn Jahre politische Realität hinter sich, sondern auch ein Gutachten der Berliner Strafrechtler Klaus Marxen und Gerhard Werle.

Jetzt soll ein weiteres Gutachten eingeholt werden. Otto Schily hat dafür den früheren Präsidenten des Verfassungsgerichts Ernst Benda vorgeschlagen. Mindestens zu Frage der Herausgabe von Abhörprotokollen an parlamentarische Untersuchungsausschüsse hat sich Benda schon festgelegt: Sie sei dann "absolut und eindeutig verboten", wenn Post- und Fernmeldegeheimnis dabei verletzt worden seien, schrieb er noch im Sommer. Geheimnisse verletzt - das hat die Stasi meistens.

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