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Kultur: Subs-Tanz

„Figaros Hochzeit“ im Berliner Bode-Museum.

Die Zauberflöte im U-Bahnhof, Così fan tutte im E-Werk, Apollo und Hyacinth mit halbnackten Tänzern – wer eine Mozart-Oper mit Christoph Hagel besucht, erwartet etwas Besonderes, ein Event. Nun ist „Figaros Hochzeit“ im Berliner Bode-Museum an der Reihe – und überrascht mit dem Vertrauen auf die Substanz. Nur ein langer Laufsteg durchzieht den basilikaartigen Saal. Stuhl, Schreibtisch und Récamiere könnten ebenso aus irgendeinem Fundus geliehen sein wie die meisten Kniehosen, Rüschenhemden, Roben der Sängerdarsteller. Doch schon in der Ouvertüre fällt auf, mit welcher Klarheit und Bestimmtheit sich die Sänger bewegen, wie präzise sie in einer spielerischen Choreografie die Spannungsfelder zwischen den Personen dieser zeitlos verständlichen Gesellschafts- und Beziehungskomödie andeuten.

Die Präsenz der Sänger und die choreografische Durchgestaltung der Inszenierung dürften nicht allein Christoph Hagel, sondern auch dem zum Produktionsteam gehörenden Körpertheatertrainer Oliver Pollak und der von ihm gelehrten Mime-corporel-Technik zuzuschreiben sein. In einer Mischung aus pantomimischen, tänzerischen und körpertheatralen Elementen setzt sie auf klare Charakterisierungen am Rande zur Typenhaftigkeit, ohne die Grenzen zu Karikatur oder Psychologisierung zu überschreiten.

Klar und präsent sind auch sämtliche Stimmen – vom warmen Timbre von Bernhard Hanskys Figaro über die kraftvolle Autorität von Tobias Hagges Graf Almaviva bis hin zu Tersia Potgieters Marcellina. Die stärksten Akzente setzt Cristiane Roncaglio mit ihrer zwischen Selbstbewusstsein und Verletzlichkeit schwankenden Susanna. Eine überzeugende Alternative zu den üblichen Hosenrollenbesetzungen liefert Countertenor Christophe Villa als Cherubino. Ihm gelingt es, die pubertäre Energie des Jünglings aus einer puttenhafte Kindlichkeit hervorbrechen zu lassen.

Christoph Hagel und die Berliner Symphoniker spielen mit Genauigkeit und Feuer gegen die ungünstig hallige Akustik des Saales an. Dass alle Mitwirkenden der Substanz des Stückes wie der Substanz ihres Könnens vertrauen, macht diese Produktion runder, unterhaltsamer und erfreulicher, als es eine krampfhaft-ambitionierte Aktualisierung hätte tun können. Carsten Niemann

Weitere Aufführungen bis 27. Mai,

jeweils Freitag bis Sonntag, 20 Uhr

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