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Keith Flint, Sänger von The Prodigy, beim Berliner Konzert.

© Davids

The Prodigy live in Berlin: Rumpelstilzchen legt Feuer

Keifen und ballern wie in den Neunzigern: The Prodigy gaben im Berliner Velodrom ein knalliges Rave-Konzert.

Dieses Jahr soll es im Sommer wieder eine Art Loveparade geben in Berlin, einen sogenannten „Zug der Liebe“. Und The Prodigy sind auch wieder da. Zusammen ergibt das einen klaren Fall von Neunziger-Revival. In den neunziger Jahren waren The Prodigy aus dem englischen Braintree, Essex riesig. Vor allem wegen ihres dritten Albums „The Fat of the Land“, mit dem sie 1997 ihren Durchbruch hatten. Gemeinsam mit Bands wie den Chemical Brothers oder Underworld pumpten sie Dancemusik auf und brachten Raver nicht mehr nur in schummrigen Clubs, sondern in Stadien zum tanzen. Als beliebteste Droge löste in dieser Szene das Dosenbier Ecstasy ab.
Der Maximalrave von The Prodigy, der mit Breakbeats und Metalgitarrenriffs angereichert wurde, hatte damals eine ungeheure Wucht, heute ist derartiges Soundgeballer Mainstream. Das ist auch der Vorwurf, der der Band bei ihrem neuen, achten Album gemacht wird, das sie nun in Berlin vorstellt. „The Day Is My Enemy“ sei uninspirierter Proletenrave, für den sich niemand mehr interessieren sollte, heißt es fast unisono in den Medien. Aber mit The Prodigy 2015 ist es ein wenig so wie mit dem Raserfilm „Fast & Furious 7“, bei dem sich die Zielgruppe auch nicht dafür interessiert, was feingeistige Feuilletonisten dazu zu sagen haben und sowieso ins Kino geht. Das Konzert von The Prodigy in Berlin musste sogar von der Columbiahalle in das größere Velodrom verlegt werden, ein Phänomen von gestern ist das Trio also wirklich nicht.

Alles recht ähnlich bei The Prodigy

Was jedoch nicht heißt, dass die Zeit an deren Mitglieder spurlos vorübergegangen ist. Liam Howlett, das Hirn der Band, sieht man nicht so richtig, er hat sich hinter seinen Synthesizern im Dunkeln verschanzt. Dafür dreht Keith Flint, der Sänger, der sich das Mikro mit Keith „Maxim“ Palmer teilt und aussieht wie eine Cyberpunkversion von Johnny Rotten, vorne am Bühnenrand seine Runden wie ein Rumpelstilzchen, das schon ein paar Runden zu viel getanzt hat.

Da der 43-jährige Keith Flint, der wie Blogger Sascha Lobo wahrscheinlich den Rest seinen Lebens einen Iro-Frisur tragen muss, weil das sein Markenzeichen ist, kein Dauertänzer mehr ist wie in früheren Tagen, wendet er einen Trick an. Er macht immer wieder Pausen und versucht, das Publikum mit den immer gleichen Ansagen bei Laune zu halten, die in etwa so stumpf sind wie die Musik: „Berlin, I can’t fuckin’ hear you!“, mehr ruft er eigentlich nicht, aber im gut gefüllten Velodrom rastet das Publikum auch bei derart schlichten Ansprachen komplett aus.

Simpel aber effektiv

Es ist simpel, was The Prodigy da bieten, aber effektiv. Electro-Geballer, dazu die Riffs eines stets breitbeinig dastehenden Gitarristen, die Beats eines echten Schlagzeugers und das rapartige Gekeife zweier Sänger entladen sich wie ein gewaltiges Gewitter über dem Publikum. Egal, ob „Nasty“ vom neuen Album, oder ein alter Hit wie „Firestarter“, es klingt alles sehr ähnlich, was The Prodigy da von sich geben. Am Ende, klar, kommt dann „Smack My Bitch Up", immer noch eine der brillantesten Nummern der neunziger Jahre. Voll retro, zündet aber auch heute noch.

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