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Kultur: Tonleitern zum Himmel

Iveta Apkalna an der Orgel des Berliner Doms.

Wie lustig: Für das warnende Handyklingeln vor Beginn des Konzerts (das die Besucher daran erinnern soll, ihre Mobiltelefone auszuschalten) haben sich die Veranstalter des 7. Internationalen Orgelsommers im Berliner Dom einen Orgelklingelton ausgesucht... Aber nein! Das ist ja schon der Anfang des Konzerts! Nicht nur bei der wie aus dem Nichts anschwellenden Toccata über den Choral „Allein Gott in der Höh sei Ehr“ von Aivar Kalejs zeigt die hoch gehandelte lettische Organistin Iveta Apkalna, welch subtile dynamische Übergänge sich mit der Großen Sauer-Orgel des Doms gestalten lassen.

Wie viele Kollegen in der noch bis zum 18. August andauernden Reihe gibt sich auch Apkalna nicht mit ausgeleiertem Repertoire zufrieden. Stattdessen präsentiert sie einen Querschnitt aus dem lettischen Orgelrepertoire, ergänzt durch Dimitri Schostakowitschs selten gespielte Passacaglia aus dessen Oper „Lady Macbeth von Mzensk“.

Keine unsterblichen Meisterwerke – aber mit der Klarheit, dem Klangfarbenbewusstsein, der Durchhörbarkeit und der gelassenen Poesie, mit der Iveta Apkalna die Echoeffekte des Neoromantikers Alfred Kalnins oder die dichten Fugeneinsätze des musikalisch-malerisch doppelbegabten Mikalojus Ciurlionis gestaltet, spielt das auch keine Rolle.

Zum stärksten Stück ihrer lettischen „Weißen Nacht“ wird ohnehin ein Werk, das motivisch fast aus Nichts besteht: Peteris Vasks' „Viatore“, vom Komponisten zu Recht als „Hommage à Arvo Pärt“ bezeichnet: Eine simple Himmelstonleiter, die aus einem flirrenden Klangwölkchen hinunter zum dunkel dröhnenden Bordunbass schreitet, sowie ein Choral aus Obertonharmonien werden immer wieder kombiniert und gegeneinander geschnitten. Und doch ist man berührt, wenn sich die meditative Harmonie zuletzt in eine zart zweifelnde Schwebung auflöst. Carsten Niemann

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