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Kultur: Voll Stoff

Die bewegten Räume von Magma Architecture: eine Ausstellung in der Berlinischen Galerie

Geknetete Masse, das klingt nach feuchtem Ton und nach Kreativität. Entstehen doch beim Kneten immer neue Formen – ganz im Sinne des jungen Berliner Architekturbüros Magma Architecture, das den Namen der Gesteinsschmelze Magma zu seinem Motto erklärt hat. In der Berlinischen Galerie schlängelt sich eine Installation wie ein architektonischer Lavastrom in leuchtendem Orange durch den Raum. Unter dem Titel „Head-in. Im Kopf“ bietet das Haus im Rahmen der Ausstellungsreihe „Jetzt“ mit Positionen zur aktuellen Berliner Kunst einen Einblick in die Arbeit von Lena Kleinheinz und Martin Ostermann.

Die Installation ist eine amorphe Struktur aus elastischem Stoff, die den Raum wie ein fremdartiges Wesen in Besitz nimmt. Durch vier Öffnungen können die Besucher ihre Köpfe in diesen bewegten Raum stecken und einen Blick auf eine ungewöhnliche Architekturlandschaft werfen, in der Modelle des Büros von der Decke herabhängen. Die Raumplastik öffnet sich zur angrenzenden Ausstellungshalle und spielt mit der Illusion der Zweidimensionalität, die sich überraschend in die dritte Dimension weitet.

Solche organisch bewegte Formen, deren komplizierte Geometrien die Architekten am Computer berechnen, sind charakteristisch für Magma; das Büro arbeitet an der Schnittstelle zwischen Kunst, Innenraumgestaltung und Architektur. Wie bei vielen jungen Berliner Architekten überwiegt noch die Zahl der Entwürfe die der ausgeführten Arbeiten, aber der Kreativität von Kleinheinz und Ostermann tut dies keinen Abbruch. Nicht nur in Berlin, auch in England und Dänemark sind sie aktiv – und dabei zu Experten für kleine feine Projekte geworden. Etwa das mobile Theaterzelt für 35 Zuschauer und 3 Schauspieler, P-Pod genannt, das sie 2004 für eine englische Truppe verwirklicht haben. Mit seiner durchscheinenden roten Stoffhaut wirkt es wie ein Vorläufer für die aktuelle Berliner Installation.

Ohnehin zeigt sich eine Vorliebe für die Gestaltung von Ausstellungen und Innenräumen – von der „Wand-Landschaft“ für Bücher bis zum Entwurf für ein Besucherleitsystem der „Burgen, Schlösser und Altertümer“ in Rheinland-Pfalz. Doch auch die großen Projekte zeigen sich dynamisch bewegt, wie der schöne Entwurf für eine Brücke über den Landwehrkanal. Derzeit entwickelt Magma ein Nutzungskonzept für das Funkhausareal in der Nalepastraße. Und ähnlich wie ihre Installation in der Berlinischen Galerie ist auch die Sommerbar konzipiert: eine große textile Struktur für Veranstaltungen, die temporär in Hallen aufgebaut werden kann. Dabei sorgen Lichteffekte auf der durchscheinenden Stoffoberfläche für unterschiedliche Stimmungen. Die aktuelle Stoffinstallation bietet einen Vorgeschmack auf diesen fließenden Eventraum, der womöglich 2008 verwirklicht wird. Jürgen Tietz

Berlinische Galerie, Alte Jakobstraße 124/28, bis 3.9. Am 5. 7., 18 Uhr, diskutieren Magma mit Graft und Leyk Wollenberg.

Jürgen Tietz

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