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Kultur: Von der Haltbarkeit des Bechstein-Flügels

KLAVIERMUSIK

Bereits zur Pause hätte Fazil Say eine Zugabe geben können: so heftig war am Samstag der Applaus im Kammermusiksaal der Philharmonie . Der junge türkische Pianist, der hier zum hundertfünzigsten Bechstein-Jubiläum spielte, verkauft sich derzeit gut: seine kernige Geläufigkeit frappiert, sein kraftvoller Anschlag weckt auf, seine abgerissenen, kristallen nachklingenden Akkorde sind originell, sein Auftreten ist uneinschüchternd kumpelhaft und durch sein Mitsingen, Stampfen und Dirigieren weiß der Laie sofort, welche Empfindungen gerade ausdrückt werden. Doch leider zieht Say immer dieselben Kaninchen seines Talents aus dem Hut, egal, ob der Komponist gerade Haydn, Mozart oder Ravel heißt. Ein Beispiel: Gewiss konnte Fazil Say aus den Spielfiguren von Haydns Sonate Nr.31, die er zu virtuosen Läufen beschleunigte, Funken schlagen. Wer sich aber davon nicht blenden ließ, wunderte sich über die Zusammenhanglosigkeit der gliedernden Basstöne unter der glänzenden Oberfläche. Says relatives Desinteresse an harmonischen Spannungsbögen (die sich nämlich weniger willig zurechtbiegen lassen als Melodien), machte sich schließlich in Liszts h-moll-Sonate bemerkbar: Die geriet nur insofern zur Hommage an die Firma Bechstein, weil Says brachiales Dauerforte eindrucksvoll die Haltbarkeit des Instruments unter Beweis stellte. Doch wozu der unsensible Kraftakt? Wo Say ganz Diener seiner selbst sein durfte (nämlich im gut gemachten Cross-Over-Ethno-Pop seines eigenen Stücks „Black Earth“) da spürte man, dass er auch unmanieriert und innig tönen kann.

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