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Kultur: VOR-Sotto Voce

"Nur durch Premieren ziehen Sie das Publikum ins Theater.Wenn Sie ein paar Sänger in irgendeiner Uraltproduktion neu besetzen, interessiert das keinen.

"Nur durch Premieren ziehen Sie das Publikum ins Theater.Wenn Sie ein paar Sänger in irgendeiner Uraltproduktion neu besetzen, interessiert das keinen." Alexander Pereira, der Intendant der Züricher Oper, hat klare Vorstellungen - und Erfolg damit: Durch 17 Neuinszenierungen in der Spielzeit 1997 / 1998 gelang es ihm, 300 000 Besucher in sein Haus zu locken.Das entspricht fast der Summe der Zuschauer, die in der vergangenen Saison die Deutsche Oper Berlin besuchten - nur mit dem Unterschied, daß Götz Friedrichs Haus an der Bismarckstraße pro Abend über 600 Plätze mehr anbieten kann als Pereiras Theater.Auch der weltweit wohl unübertroffene Premierenmarathon der Züricher Oper läßt angesichts der mageren hiesigen Ausbeute Neid bei den Berliner Opernfans aufkommen.Am Geld kann es nicht liegen: Pereira arbeitet in Zürich mit 55 Millionen Schweizer Franken als staatlicher Subvention p.a., Berlins Kultursenator Peter Radunski reserviert in seinem Haushalt jährlich immerhin rund 230 Millionen Mark für die Opernhäuser.Die spielen damit bekanntlich meistenteils Repertoire, also genau das, was Pereira als "Mottenkiste" bezeichnet - mit dem Erfolg, daß sie relativ selten in der Presse auftauchen und darum das Publikum oft genau jene Abende verpaßt, an denen innerhalb des Alltagsbetriebs doch mal etwas Interessantes passiert.Wie zum Beispiel am 22.und 27.11., wenn Michaela Kaune an der Deutschen Oper als Margarethe in Charles Gounods Faust zu erleben ist - in einer zumindest bei ihrer Premiere 1987 (sic!) provokant-schrillen Inszenierung von John Dew.

Sehr schwer ist es dagegen für Opernaufführungen, die außerhalb der traditionellen Spielstätten gezeigt werden, ihr Publikum zu erreichen - es sei denn, es handelt sich um Tristan und Isolde mit Abbado und dem Berliner Philharmonischen Orchester.Wer keine Karten für das Event am 29.November in der Philharmonie bekommen hat (oder wem sie schlicht zu teuer waren), dem bleibt die Live-Übertragung auf Radio Drei (UKW 96,3) ab 16 Uhr.Über den Plan, die Aufführung auf einer Großbildleinwand im Kammermusiksaal zu zeigen, ist noch nicht endgültig entschieden.

Live und ganz nah dran sein kann man dagegen bei zwei weiteren konzertanten Opernprojekten: Am 22.November, wenn das Rundfunk-Sinfonieorchester im Schauspielhaus Rudi Stephans Die ersten Menschen vorstellt.In seiner szenischen Musik orientierte sich der 1887 geborene Komponist mehr an Beethoven und Gluck als am übermächtigen Wagnerismus.1914, ein Jahr bevor er im 1.Weltkrieg fiel, wurde seine einzige Oper in Frankfurt uraufgeführt.Dirigent ist Karl Anton Rickenbacher, den Adahm singt kein geringerer als Hans Sotin.Am Sonnabend, den 28.11., öffnet das Deutsche Symphonie-Orchester dann sein Aufnahmestudio in der Dahlemer Jesus Christus Kirche, wo das Ensemble unter der Leitung von Marek Janowski zwei Einakter von Ernst Krenek für die Serie "Entartete Musik" der Schallplattenfirma Decca einspielt.Sowohl die tragische Oper Der Diktator als auch die im selben Jahr 1928 entstandene burleske Boxer-Operette Das Schwergewicht zeugen von der Vielseitigkeit Kreneks, der scheinbar mühelos alle Stilrichtungen seiner Zeit in seinen Werken verarbeitet hat.Die Karten zu 10 Mark können unter der Nummer 2029 8711 bestellt werden.

Im Hebbel-Theater schließlich kommt am 25.November noch die neueste Produktion der Berliner Kammer Oper heraus: Gerd Kührs Stallerhof.Das Libretto stammt von Franz Xaver Kroetz.Ort der Handlung: ein einsamer Bergbauernhof.Genau das richtige für naßkalte Berliner Novembertage.

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