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Was machen wir heute?: Multikulti

Mahmoud (aus Ägypten) und ich (aus Deutschland) sitzen am Kottbusser Tor und essen Hamburger (aus Rindfleisch). Wir unterhalten uns über arabischen Black-Metal.

Mahmoud (aus Ägypten) und ich (aus Deutschland) sitzen am Kottbusser Tor und essen Hamburger (aus Rindfleisch). Wir unterhalten uns über arabischen Black-Metal. Da kommt Deniz (Mutter türkisch-syrisch, Vater polnisch-deutsch, aufgewachsen in Göttingen) und stört unsere zeitlosen Betrachtungen mit trüber Tagespolitik: „Habt ihr gehört? Merkel sagt, Multikulti ist gescheitert.“ – „Mutti-Kult gescheitert?“, feixe ich, „sind die Umfragewerte von Mama Merkel so im Keller?“ Mahmoud schüttelt den Kopf: „Sie hat sich versprochen. Sie meinte Multikulti ist gescheiter.“ – „Vielleicht hat sie ja recht“, sagt Deniz. „Wenn ich mir die ganzen kriminellen Araber in Neukölln angucke.“ Mahmoud lächelt: „Ich finde eher die Türken problematisch. Die ziehen doch bloß Sozialhilfe ab und wollen die Scharia einführen. Oder den Kommunismus.“ Dann wenden sich beide mir zu: „Und dann erst ihr Nazis mit eurer Leitkultur!“ Wir bestellen Kaltgetränke und reden über kriminelle arabische Clans in Neukölln. Alle sind sich einig: Da muss die Polizei durchgreifen. Dann erzählt Mahmoud, dass er bisher eher Opfer von positivem Rassismus geworden ist: „Manchmal finden mich Deutsche bloß toll, weil ich Araber bin.“

„Du bist der gute Araber“, sagt Deniz. „Du hast halt Abitur. Es gibt doch drei parallel lebende Gesellschaften in Deutschland: Hauptschüler, Realschüler, Gymnasiasten. Die gehen ab der Fünften getrennte Wege, auch was Status und Einkommen angeht.“ Mahmoud nickt: „Das geht so lange gut, bis die Kleinbürger nicht mehr genug Geld haben, um sich mit Statussymbolen aufzuwerten. Dann wollen die Druck ablassen. Leider vernebeln sie den ökonomischen Konflikt zu einem von Religion oder Herkunft. Ein alter Fehler.“

Heute Abend gehen wir ins Theater. Mahmouds Freundin (aus Israel) kommt auch mit. Anselm Neft

„Die Juden“, ein Lustspiel in einem Aufzug von Gotthold Ephraim Lessing. Inszeniert von George Tabori (aus Ungarn), heute um 20 Uhr, Berliner Ensemble, Probebühne.

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