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Mit ironischer Distanz: Thomas Quasthoff.

© dpa

Florian Boesch und Thomas Quasthoff mit Heine-Liedern: Wehmut im Herzen

Es "blüht und glüht und leuchtet": Florian Boesch und Thomas Quasthoff singen Heinrich Heine-Vertonungen von Schubert, Liszt und Schumann in der Staatsoper.

Ach, wie ist die Welt so trübe, jeder Freudenschimmer, jede Ahnung von Glück – nur Lug und Trug, eine üble Täuschung, eine Falle, in der sich nur schlichte Gemüter und Ignoranten verheddern! Heinrich Heine, der feinsinnig spöttelnde Kritiker deutscher Zustände, der sich lieber dem savoir-vivre in Paris hingibt, als unter der Zensur seines Heimatlandes zu versauern – ein galliger Schwarzseher? Muss wohl so gewesen sein, glaubt man den Liedern von Schubert, Liszt und vor allem Schumann, die Sänger Florian Boesch für seinen Abend an der Berliner Staatsoper ausgewählt hat und die sämtlich auf Gedichte von Heine komponiert wurden. Als er die schrieb, war er noch recht jung, in den Texten wimmelt es von Worten wie Grab, Weh, Leid und immer wieder: Tod. Es dauert keine drei Verse, bis sich selbst beim Anblick der holden Blume Wehmut ins Herze schleicht, bis sich das engelsgleiche Antlitz der im Traum Erblickten ins Schmerzensreiche entstellt. Der ganze Abend ist wie die Lotosblume (von Schumann in den „Myrthen“ als op. 25/7 vertont), die sich schon im dritten Wort „ängstigt“ und nur unter dem fahlen Licht des Mondes „blüht und glüht und leuchtet“.

Thomas Quasthoff mit ironischer Distanz

Denn glühen, das tut der Abend in der Staatsoper durchaus. Boesch saugt die Trauer und Verzweiflung mit wilden Atemzügen ein, stürzt sich schmerzverliebt in die Spalten, Klüfte, Schründe der unglücksel’gen Herzen, die Heine schildert. Sein bassbaritonales Timbre will nicht gefallen, aber es ist in jedem Augenblick wahrhaftig, kündet von Seelenpein – auch dann, wenn er die Höhen nur mit Mühe erklimmt, etwa beim Wort „Abendsonnenschein“ in Liszts Vertonung der „Loreley“. Justus Zeyen ist ihm dabei ein diskreter Begleiter am Klavier, der aber auch zupackt, wenn er die Möglichkeit hat, sich frei zu spielen, eigene Akzente zu setzen.

Der Satiriker Heine kommt ins Spiel, wenn Thomas Quasthoff als Dritter im Bunde Romanzen aus dem „Buch der Lieder“ rezitiert, sich dem pathetischen Sound dabei vordergründig anschmeichelnd, eigentlich aber mit ironischer Distanz. Und Schumanns Liederkreis op. 24 mit dem der Abend schließt, endet immerhin in einem, wenn auch nur imaginierten, „Liebeshauch“. Na bitte.

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