zum Hauptinhalt

Kultur: Weiterträumen!

„Martin Luther King – The King of Love“ in der Gedächtniskirche

Die tödlichen Schüsse fielen gleich zu Beginn. Ein lauter Knall donnert aus den Lautsprechern in der Gedächtniskirche und Martin Luther King jr. sackt auf einer Art Kanzel zusammen. Stille. Kein mitreißender Gospel über den Freiheitsmarsch ist mehr zu hören. Kein fröhliches Klatschen. Keine Rufe nach Gerechtigkeit und Gleichberechtigung. Alles ist verhallt. Stattdessen Schock und Trauer. Kings Anhänger laufen wild umher, um Hilfe zu holen. Denn noch lebt Martin Luther King. Ganze 18 Minuten, ehe er im Krankenhaus an jenem 4. April 1968 in Memphis Tennessee verstirbt.

Über diese 18 Minuten hat Schauspieler, Sänger und Comedian Ron Williams ein Musical geschrieben, das am Freitag in der Berliner Gedächtniskirche uraufgeführt wurde: „Martin Luther King – The King of Love“. Ron Williams spielt den Helden und führt den Zuschauer als dessen eigener Geist durch die Stationen seines Lebens. Doch es wird kein spannender, mitreißender Streifzug, der erklärt, warum Martin Luther King so aufopferungsvoll für einen gewaltfreien Kampf gegen die Rassentrennung eingetreten ist. Vielmehr hetzt das Stück durch wichtige Passagen im Leben des Bürgerrechtlers. Wie er als Kind in einem Schuhladen seine Lieblingsschuhe nicht bekommt, weil er als Schwarzer nicht den Hintereingang gewählt hat. Es folgt das Studium, die Hochzeit, der erfolgreiche Busboykott in Montgomery, seine erste Haftstrafe und schließlich die berühmte Rede „I have a dream“. Das Ganze endet mit der bekannten Predigt „I have been on the mountaintop“ wenige Tage vor seinem Tod, in der er vom Gelobten Land spricht, was viele als Todesahnung des Freiheitskämpfers interpretieren. Die Musik zum Leben von Martin Luther King kommt nur vom Band. Gesungen wird aber live. Vor allem Doborah Woodson überzeugt mit ihren Gesangeinlagen.

Doch das Stück leidet unter dem ehrgeizigen Versuch, das gesamte Leben Kings darzustellen. Die Rolle John F. Kennedys bleibt fast unbeleuchtet. Die Verantwortung für den Mord nur bei FBI- Chef John Edgar Hoover zu suchen, ist ebenfalls zu einfach. Der Versuch, die Schattenseite Kings als nachlässiger Familienvater und untreuer Ehemann aufzuzeigen, verpuffen. Das Leben Kings ist wohl einfach zu komplex für ein Musical.

Auch konzentriert sich das Stück viel zu sehr auf die Biografie statt auf die Philosophie Kings. Dabei sind die Schauspieler bemüht, so authentisch wie möglich zu agieren. Viele Bewegungen aber wirken zu starr und einstudiert. Authentizität entsteht vor allem durch den Ort der Aufführung: die Kirche.

Trotz aller Defizite ist „Martin Luther King – The King of Love“ ein wichtiges Musical. Denn es führt jedem Zuschauer vor Augen, wie unerfüllt Martin Luther Kings Traum auch heute noch ist – 40 Jahre nach seinem Tod. Das Ganze hat einen größeren pädagogischen als einen künstlerischen Wert und ist somit in der Schule vielleicht besser aufgehoben als auf der Bühne.

„Martin Luther King – The King of Love“, bis 11. Februar, Gedächtniskirche (Karten ab 35 Euro).

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false