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Burkini-Shopping. Mutter Wanda (Caroline Peters), Tochter Fatima (Chantal Zitzenbacher) und Freundin Maryam (Duygu Arslan).

© Neue Visionen/Philipp Schönitz

Filmkomödie „Womit haben wir das verdient?“: Wenn die Tochter zum Islam konvertiert

Kopftuch statt Komasaufen: Die Filmkomödie „Womit haben wir das verdient?“ überzeugt mit kluger Komik und einer tollen Caroline Peters.

Ach, war das schön, als Nina noch die Schule geschwänzt hat und abends wahlweise kiffen oder komasaufen ging. Ihre neue Marotte bringt die mit allen Wassern linksliberaler Toleranz gewaschene Mutter Wanda jetzt aber wirklich aus dem Tritt. „Ich bin zum Islam konvertiert, das funktioniert sogar online“, teilt die selbst ernannte Fatima ihren verblüfften, längst voneinander geschiedenen Erzeugern mit. Ab sofort will die 16-jährige Konvertitin streng nach religiösen Geboten leben. Sie trägt den Hijab, das Kopftuch, und die Abaya, das Überkleid, kanzelt Speisen am Esstisch als „haram“ ab und blockiert mit rituellen Waschungen schon in aller Herrgottsfrühe das Bad.

Der Super-GAU einer atheistischen Patchworkfamilie – das ist die mit Wiener Schmäh versüßte, aber keinesfalls einbalsamierte Komödie „Womit haben wir das verdient?“. Und im Gegensatz zur Welle harmoniesüchtiger und Klischees melkender Kulturclash-Komödien aus Frankreich ist das Debüt der österreichischen Regisseurin Eva Spreitzhofer nicht nur prall gefüllt mit Situationskomik und Dialogwitz, sondern auch weltanschaulich differenziert. In den besten Szenen kommt beides zusammen.

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„Irgendwas ist passiert zwischen oben ohne und dem da ...“, raunt eine Kundin Wanda im Damenbekleidungsgeschäft zu, als die feministische Chirurgin ihrer Tochter Fatima und deren Freundin Maryam zähneknirschend Burkinis kauft. „Nur was?“, fragt Wanda ratlos zurück.

Oder beim gemeinsamen Essen an Wandas Geburtstagstafel, wo neue und alte Lebenspartner, leibliche und adoptierte Kinder samt Anhang kunterbunt durcheinander hocken. Da kommentiert Sissy, die Neue von Wandas Ex Harald, den Auftritt von Fatima mit dem begütigenden Satz „Hauptsache, man glaubt an irgendwas“. Worauf Harald, gespielt vom Superlakoniker Simon Schwarz, zu Recht „Die Nazis haben auch an irgendwas geglaubt“ zu bedenken gibt.

Vergnügliche Auseinandersetzung mit dem gruseligen Phänomen

Dreh- und Angelpunkt des gesellschaftlich relevanten Treibens ist die ebenso tolle Lakonikerin Caroline Peters, die als Wanda nicht von der Therapeuten-Überzeugung lassen will, dass es „für alles eine Lösung gibt“. Dabei beißt sie sich an der von Chantal Zitzenacher explosiv verkörperten Pubertistin die Zähne aus. Anders als in Sönke Wortmanns „Der Vorname“, Peters’ vorheriger Tabubrecher-Komödie, hat sie hier sowohl Lacher wie Verzweiflungsattacken ganz auf ihrer Seite.

In der Muslima Hanife (Alev Irmak), der Mutter von Fatimas Freundin Maryam, findet sie eine unverhoffte Verbündete. Erst brüllt die Kopftuchverächterin Hanife Wanda noch an, dass sie Fatima gefälligst davon abhalten möge, ihre Maryam „in die Radikalität zu treiben“. Später nimmt sie sie mit in die Moschee. Wobei auch die frauenbewegte Zirkel mühelos sprengende Frage, ob das Kopftuch nun ein Tuch gewordener Ausdruck patriarchaler Machtpolitik oder ein individuell zu respektierendes religiöses Symbol ist, gar nicht eifernd, sondern en passant und trotzdem vielschichtig anklingt.

Überhaupt liefert Eva Spreitzhofers Drehbuch eine vergnügliche Auseinandersetzung mit dem gruseligen Phänomen, dass in der westlichen, von Konsum und Anything-goes-Mentalität geprägten Kultur der Islam bei Jugendlichen in seiner strikten Ausprägung als hip und widerständig gilt. Schade nur, dass sie den unmittelbaren Anlass für Nina-Fatimas religiöse Erweckung zu früh offenbart und damit dem Mutter-Tochter-Konflikt etwas Schärfe nimmt. Dass die Geschichte am Ende erst in Slapstick und dann in ein (allerdings lustig anzusehendes) Happy End abdriftet, macht dann auch schon nichts mehr. Wie heißt es im Film einmal so schön? „Allah kann ja nichts dafür, dass die Menschen so bescheuert sind.“ Wozu Wanda lächelnd nickt und nachsetzt: „Mal abgesehen davon, dass er nicht existiert.“

in 13 Berliner Kinos

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