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Video-Kunst: Yukihiro Taguchis kriechende Besen

Der japanische Künstler Yukihiro Taguchi erweckt in seinen Videos die Gegenstände zum Leben.

Holzlatten fließen über den Asphalt, klettern durch das Metallgitter eines Hauses, kriechen den Treppeneingang hoch und springen durch ein Fenster wieder auf die Straße. Schnitt. Vor dem Oscar-Niemeyer-Museum in Curitiba formieren sich Holzbretter und robben als Dreiecke über den Rasen. Schnitt. Die Mauern eines Hauses stürzen ein, Balken für Balken verschwindet, um anschließend als Diele, Latte oder Dach in dem Animationsfilm „Curitiba“ wieder aufzutauchen.

Die Animationsfilme des jungen japanischen Künstlers Yukihiro Taguchi sind momentan in der Galerie Sakamoto zu sehen. Trifft man Taguchi persönlich, richtet sich sein Blick konzentriert auf sein Gegenüber, die Digitalkamera bleibt dabei immer in Reichweite. Das Thema Dauer und Veränderung habe ihn immer schon beschäftigt, sagt Taguchi. So ordnete er in „Performative Sketches“ (2008) seine Skizzen für die Zeit der Installation immer wieder neu: Sie hingen von der Decke, bedeckten bald den Boden oder wuchsen zum Papierhaus. Auf die Idee, mit Stoptrick zu arbeiten, sei er zufällig gekommen, als er die Metamorphosen seiner Installationen fotografierte. Beim späteren Klicken durch die Digitalkamera entdeckte Taguchi dann die filmische Bewegung.

Orte und Motive für seine Videos findet Taguchi im Alltag. Hier laufen ihm die Objekte vor die Linse. Trivialen Gegenständen wie Holzdielen, Pappkartons oder Besen verleiht er Bewegung. Aus dem Umzug einer WG choreografiert Taguchi in seinem Film „Nest“ einen Tanz mit Leiter, Palme, Bett und Katze. Und als ihm die Biennale in Curitiba mitteilte, er müsse noch auf jene Dielen warten, die zu Protagonisten seines Films werden sollten – das Haus sei noch nicht abgerissen –, wurde der Abriss zum Motiv. Es ist dieses offene Spiel mit der Wirklichkeit, das Taguchi zum dokumentarischen Utopisten macht. Seine Videos spielen mit den Formen der Ordnung wie mit der Materie und stiften formvollendete Unordnung.

Seit 2007 zeigen Maiko Sakamoto und Oliver Zimmer in ihrer Galerie Künstler, die wie Taguchi kontinuierlich mit verschiedenen Medien arbeiten. Viele von ihnen experimentieren auch mit Plattformen wie Myspace oder Youtube. Eine Konkurrenz zur klassischen Galerie, meint Zimmer, sei das aber nicht. Für Sammler werden die Videos ähnlich wie die Fotografie auf wenige Kopien beschränkt. Jede Edition bewegt sich zwischen zehn und dreißig Exemplaren. Anders als in der Fotografie ist hier die erste Kopie allerdings die günstigste. Jede Video-CD von Taguchi erhält man in einer kunstvoll bemalten Schachtel, ihre Preise reichen von 600 bis 3600 Euro.

Die jüngste Videoarbeit von Yukihiro Taguchi verzichtet auf Stoptrick. „Away“ zeigt die Dauer eines Laufs. Die Wege durch Hongkong werden zum Computerspiel: Ein junger Mann rennt durch enge Gassen, überwindet steile Treppenfluchten, springt über Absperrungen, läuft an Zäunen entlang und landet mit einem Sprung im Meer. Nicole Köstler

Sakamoto Contemporary, Oranienstr. 164; bis 13.2., Di-Fr 12-18 Uhr, Sa 14-18 Uhr.

Nicole KöstlerD

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