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Flüchtige Bekannte. Bereits im vergangenen Champions-League-Achtelfinale hatten Henrich Mchitarjan im Donezk-Trikot und Dortmunds Sven Bender (rechts) das Vergnügen.

© dpa

Millionenschwere Zungenbrecher: Borussia Dortmund investiert Rekordsummen

Der deutsche Vizemeister und Champions-League-Finalist Borussia Dortmund sagt Bayern München den Kampf an und investiert Rekordsummen in den Kader. Ein Offensivspieler soll noch kommen.

Es kursiert zurzeit ein herrlicher Cartoon, der zwei Mitarbeiter im Fanshop von Borussia Dortmund zeigt, von denen sich der eine zum anderen umdreht und ihm über die Schulter zuruft: „Machst Du noch dreimal Aubameyang, zweimal Mchitarjan und eine Lewandowski-Beflockung.“ Worauf der ratlose Kollege an der dampfenden Maschine reichlich bedröppelt dreinschaut und denkt: „Ich finde es ja irgendwie schade, dass der Götze weg ist.“

Und so kommen bei Borussia Dortmund nicht nur auf die Angestellten im Trikotverkauf anspruchsvolle Zeiten zu, auch Stadionsprecher Norbert Dickel wird vor dem ersten Heimspiel der neuen Saison viel üben müssen. Neulich sprach er bereits davon, es werde „eine willkürliche Aneinanderreihung von Buchstaben“, wenn er künftig die Mannschaftsaufstellung vorlese. Zum Glück bleibt dem ehemaligen BVB-Stürmer der Nachname des dritten Dortmunder Neuzugangs erspart. Der griechische Nationalspieler Papastathopoulos wird beim Vornamen genannt: Sokratis.

Drei Profis hat der Vizemeister nun also neu im Kader und dafür so viel Geld in die Hand genommen wie nie zuvor. Für Sokratis überwiesen die Dortmunder rund neun Millionen Euro an Werder Bremen, Pierre-Emerick Aubameyang wechselte für 13 Millionen vom AS St. Etienne ins Revier, und den Armenier Henrich Mchitarjan ließ sich der BVB 25 Millionen kosten, die der Ukrainische Meister Schachtjor Donezk kassiert.

Nationalspieler Mats Hummels kann mit dem Paradigmenwechsel nichts anfangen

Doch im Gegensatz zur letzten großen Einkaufstour im Jahre 2001, als die Borussia erst Tomas Rosicky und dann Jan Koller und Marcio Amoroso holte, hat der Verein das Geld dieses Mal auch vorher eingenommen. Mit den 37 Millionen Euro, die Bayern München für Mario Götze bezahlt hat, und den mehr als 60 Millionen Euro Einnahmen aus der vergangenen Champions-League-Saison standen dem BVB rund 100 Millionen Euro zur Verfügung. Dabei hatte Mats Hummels neulich noch die Ansicht vertreten, der BVB-Kader müsse nach dem Weggang von Götze nicht zwingend mit teuren Stars ergänzt werden. „Wir sind mit dem Weg, etwas jüngere, unbekannte Spieler zu holen und sie auf Top-Niveau zu bringen, bisher gut gefahren“, sagte der Nationalspieler.

In der Chefetage denken sie ganz offenbar anders. Der Paradigmenwechsel, bei Bedarf auch zweistellige Millionenbeträge zu investieren, wurde erstmals deutlich, als Marco Reus vor der vergangenen Spielzeit für 17 Millionen Euro aus Mönchengladbach geholt wurde. In jüngster Zeit hat Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke die Erfahrung gemacht, dass der neue Reichtum nicht nur Vorteile hat: „Natürlich wissen die Vereine über die finanzielle Stärke von Borussia Dortmund Bescheid.“ Will heißen: Sobald sich Borussia Dortmund meldet, schnellen die Preise nach oben. Auch deshalb tat sich der BVB schwer, neues Personal zu finden. Ein Umstand, der im Umfeld des Klubs zu einem besorgten Murren führte, das Watzke wunderte: „Wir waren doch die ganze Zeit mit Hochdruck dabei, unsere Dinge abzuarbeiten.“

Nun müssen die Neuzugänge zeigen, dass sie das viele Geld auch wert sind. Zumindest bei Henrich Mchitarjan scheint das laut der Dortmunder Entscheidungsträger gesichert. Der Armenier gilt nicht erst als Wunschspieler von Trainer Jürgen Klopp, seit er im Juni beim sensationellen 4:0-Sieg seiner Nationalmannschaft beim WM-Qualifikationsspiel in Dänemark eine brillante Partie ablieferte, die er mit einem Tor krönte. Um den offensiven Mittelfeldmann aus Donezk loszueisen, verhandelten Sportdirektor Michael Zorc und Watzke wochenlang mit Beratern, Oligarchen und sonstigen Ansprechpartnern, danach sprach der Geschäftsführer vom „schwierigsten Transfer, den wir je gestemmt haben“.

Bei Pierre-Emerick Aubameyang war der Weg zum BVB zwar wesentlich leichter, doch beim Nationalstürmer Gabuns fragen sich die Fans, ob solch ein Spieler ins bodenständige Dortmunder Umfeld passt. Dem 24-Jährigen haftet der Ruf an, ein Paradiesvogel zu sein. In St. Etienne sprintete Aubameyang einmal nach einem Torerfolg mit einer Maske der Comicfigur Spiderman über das Feld oder trug beim Aufwärmen blinkendes Glitzer-Schuhwerk. Ein Luxus, der rund 3000 Euro kostete. Die Schlagzeilen dazu gab es gratis.

Klopp hat kein Problem mit solchen Allüren: „Wer eine Mannschaft wie unsere verstärken will, der findet das nicht im grauen Regal.“ Und Watzke betont: „Der Junge ist extrovertiert, was das Outfit angeht, aber ganz bestimmt nicht als Typ.“ Der 54-Jährige kündigte an, die Transferaktivitäten fortzusetzen: „Wir suchen noch einen Perspektivspieler für die Offensive.“ Bei der Borussia wähnt man sich auf einem guten Weg, den übermächtigen Bayern erneut als ernsthafter Konkurrent begegnen zu können.

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